Aka-Wandertour mit Überraschungen
Späte Tulpen, frühe Kaiserkronen – insgesamt blühen auf der Insel Mainau zur Zeit eine halbe Million wunderschöne Frühlingsblumen. Der Besuch der Blumeninsel war der krönende Abschluss einer fünftägigen Bodenseetour, die Sigrid Geisen für 21 Aka-Mitglieder abwechslungsreich vorbereitet hatte.
Wandernd sollten die Darmstädter, Kunst und Kultur erleben, gepflegt essen und trinken. Ferner wollten wir die Apfelblüte bei milden Frühlingstemperaturen bestaunen. Letzteres verlief dann nicht ganz nach Plan. Der Winter war zurückgekehrt und bot den Wanderern zusätzliche dramatische Erlebnisse.
Los ging es bei freundlichem Wetter von unserem Quartier in Oberuhldingen nach Meersburg, wo einst die berühmte Dichterin Annette von Droste-Hülshoff gelebt hatte. Sie war die „mütterliche Freundin“ und zeitweise Weggefährtin des Schriftstellers Levin Schücking, der einige Jahre in der Familie ihres Bruders gelebt hatte. Seine literarischen Werke waren zu seiner Zeit sehr populär, heute sind sie fast vergessen. Bis auf ein kleines Gedicht, dessen erste Zeile lautet:
Es lag in spiegelnder Glätte
Vor uns der endlose See;
Die weiße Alpenkette
Stieg marmorn in die Höh.
Das klang anno 1844 schon sehr schön und ist auch 2016 gut nachvollziehbar, wenn man das erste Mal vom Höhenweg auf Deutschlands beliebtesten See schaut. Bei strahlendem Sonnenschein! Das kann sich allerdings ganz schnell ändern, wenn plötzlich aus niedlichen kleinen Wölkchen graue Wolkengebirge werden und der See von jetzt auf gleich nicht mehr zu sehen ist. Das freute besonders unsere Hobbyfotografen, die statt des endlosen Wassers plötzlich nur noch einen totalen Bildausfall auf ihrer Kamera vermeldeten. Der ganze Spuk dauerte übrigens nur ein paar Minuten, dann war alles wieder in voller Schönheit zu sehen.
Die Wetterkapriolen sollten uns treu bleiben. Wohl dem, der die Winterklamotten noch nicht eingemottet hatte. Handschuhe, Schal und Kapuze sollten unsere treuen Begleiter werden. Sie sensibilisierten uns allerdings auch für die Probleme der Menschen, die in den berühmten Pfahlbauten von Unteruhldingen etwa 4000 v. Chr. gelebt hatten. (Wer mit Enkeln in der Gegend ist, sollte den geführten Rundgang und das Museum unbedingt einplanen – Geschichte zum Anfassen!)
Wenige Kilometer später wurde es dann barock: Die Wallfahrtskirche Birnau ist üppig ausgestattet mit Fresken, Altären und Skulpturen. Am bekanntesten ist ein Putto mit einem Bienenkorb: der „Honigschlecker“. Während es uns drinnen im schönsten Barock warm ums Herz wurde, tobte draußen ein Unwetter über dem See. Beides war spektakulär, so dass die Entscheidung, wohin man sehen sollte, schwer fiel. Irgendwann war es dann draußen wieder trocken und nun ging es noch höher hinaus, nämlich zum Schloss Salem, das ursprünglich gar nicht für die Royals, sondern für Mönche errichtet wurde – als Kloster des Zisterzienserordens. Weltweit berühmt aber ist das „Schloss“ der Markgrafen von Baden aber aus einem anderen Grund: Hier treffen sich die Sprösslinge der Besserverdienenden, um auch schulisch auf Hochglanz poliert zu werden: im Internat Salem, das just hier eine seiner drei Dependancen hat.
Tag drei stand ganz im Zeichen des Weltkulturerbes, denn die gesamte Insel Reichenau ist kurzerhand dazu erklärt worden, vor allem wegen ihrer drei mittelalterlichen Kirchen. Leider war das Wetter an diesem Tag richtig eklig, auf dem Damm vom Bahnhof Reichenau zur Insel wehte ein eiskalter Wind, es regnete und nach einer Stunde wollten alle eigentlich nur noch eins: eine warme Mahlzeit. Und, oh Wunder, es gab sie, die eine, einzige Fischbraterei, die geöffnet hatte und für milde 3 Euro ein riesiges Forellenbrötchen servierte, dazu eine warme Schokolade. Der Tag war gerettet und nunmehr gestärkt beeindruckten uns die Kirchen sehr.
Der vorletzte Tag stand unter dem Motto „Das Wandern ist der Aka Lust“. 18 (achtzehn) Kilometer ging es bergauf, bergab, über Stock und Stein, bei Regen und Sonne, mit Rucksackverpflegung und bei manchem (z.B. bei mir) einem ungläubigen Staunen, dass man diese Tour tatsächlich geschafft hatte. Und als wir dann endlich bei den „Churfürsten“, einer Sandsteinformation, angekommen waren (eine Teilnehmerin: „Die sehen aus wie Penisse“) und der See unter uns lag wie von Schücking beschrieben, da waren alle nur noch zufrieden. Am Abend – es war unser letzter im Hotel „Storchen“- schmeckte das Essen besonders lecker, der Wein besonders süffig. Die Gespräche waren besonders intensiv und eins war allen wichtig: der Dank an Sigrid Geisen, die das Bodensee-Abenteuer nicht nur hervorragend organisiert und geleitet hatte, sondern auch noch eine verständnisvolle Beraterin für große und kleine Wehwehchen war. Und selbst Petrus bedankte sich: Am letzten Tag bescherte er uns strahlenden Sonnenschein, so dass wir das Blumenmeer auf der Insel Mainau in vollen Zügen genießen konnten.
Text: Heidrun Bleeck, Bilder: Bernd Pfeffer