pub clipartNeues - wiederum aus der Upper Class. Diesmal war es der Premierminister, der in die Schlagzeilen vorzugsweise des Ressorts "Vermischtes" geriet. Er hatte seine achtjährige Tochter Nancy in einem Pub "vergessen". So was hätte frueher nicht passieren koennen - da war es Eltern mit Kindern nämlich schlichtweg verboten, eine Kneipe in England zu betreten.

Nun, die Zeiten ändern sich. Inzwischen dürfen sich auch die Familienvorstände im Beisein des Nachwuchses ein Pint genehmigen, oder auch mehrere. Das gilt selbst für David Cameron. Zusammen mit seiner Frau und den drei Kindern sowie zwei befreundeten Familien hatte er einen zünftigen Lunch am Sonntagmittag eingenommen. Kurz vor dem Aufbruch ging Nancy zur Toilette. Ihr Vater stieg mit seinen Bodyguards ins erste Auto ein, die Mama mit den beiden Kleinen ins zweite. Beide wähnten das Töchterchen im Auto des Anderen. Zu Hause stellten sie dann fest, dass etwas fehlte.

Nancy war inzwischen vom Pub-Personal gefunden worden und hatte sich beim Aufräumen nützlich gemacht..Natürlich kannte niemand die private Telefonnummer der Bewohner von Downing Street Number 10. War aber auch nicht nötig, denn der Hausherr selbst hatte sich inzwischen in rasender Geschwindigkeit auf den Weg zurück zum Pub gemacht und konnte wenig später das Kind unversehrt in die Arme schliessen.

Nun passiert so etwas ja gelegentlich auch anderen, vor allem jungen Eltern, die das Wort "ausschlafen" nur noch aus Märchen kennen. Trotzdem gab's im Fall Cameron ein riesiges Medienecho mit Hunderten von Leserkommentaren, denn der Prime Minister ist schliesslich nicht irgendwer, sondern die Nummer eins im Vereinigten Koenigreich - und steht somit unter ständiger Beobachtung. Die einen sehen ihn als Tory-Schnösel, der als Sohn reicher Eltern natürlich Eton und Oxford absolviert und sich im höchsten Amte mit lauter "Etonians" umgeben hat. Seine Ehefrau, Samantha Cameron, kurz und knapp "Sam Cam" genannt, kommt auch aus steinreichen Verhältnissen, adelig obendrein, ist aber trotz Modelmassen kein Modepüppchen geworden, sondern hat als "Creative Director" nicht nur gearbeitet, sondern sogar einen Preis gewonnen.

Sie hält sich auch eher im Hintergrund - im Gegensatz zum Gatten, dem eine ausgeprägte Publicitysucht nachgesagt wird. So fuhr er "volksnah" mit dem Fahrrad ins Büro (besser bekannt als Houses of Parliament). Der klitzekleine Haken: Ein Chauffeur transportierte die Sachen des Chefs, die man tagtäglich an einem Arbeitstag so braucht. Last but not least wurde ihm besagtes Fahrrad auch noch zweimal geklaut, da nicht ordentlich angeschlossen...

Im Jahr 2005 - damals wurde er mit noch nicht mal 40 Jahren zum Vorsitzenden der Conservatives gewählt - gewann er viele Sympathien ,als er auf die  elenden Zustände im Nationalen Gesundheitsdienst  aufmerksam machte. Sein ältester Sohn der mit sechs Jahren starb,  war schwerbehindert geboren worden und brauchte eine Rundumbetreuung. Cameron berichtete der Presse, wie er viele Nächte auf dem Fussboden des Krankenhauszimmers verbracht hatte, um bei ihm zu sein .

Im Fall von Tochter Nancy hielten sich Spott und Versändnis die Waage. Der Kolumnist der Zeitung "Guardian", Tim Dowling, berichtete in sener Glosse, wie er seinen Kinderwagen samt  Inhalt vergass , weil er in einer Markthalle mit einem Fischhändler ueber Miesmuscheln palaverte, ohne die geringste Ahnung über diese Meeresfrüchte zu haben.Stolz darauf, als Experte zu gelten, zog er schliesslich mit zwei Dutzend dieser Viecher von dannen und erwartete eine erstaunte Frage des Ehegespons, die aber einzig und allein wissen wollte: Where is the baby?

Er - als dreifacher Vater - erteilt allen Betroffenen  zwei gute Ratschläge:

1, Jede Stunde durchzählen und

2. Immer die Rückband des Autos vor der Abfahrt checken.

Die Leser seiner Kolumne haben ebenfalls viele gute Tipps für derlei Begebenheiten. Einen besondern Seitenhieb landet ein anonymer Kommentator. Er fragt sich, ob jemand, der bildungspolitisch immer fordert, kein Kind dürfe zurueckgelassen werden, mit diesem "Hintergrund" noch glaubhaft sei.

Heidrun Bleeck

 

> zum Blog from Britain