geld4 mwEine Frage, die viele von uns beschäftigt. Der Sozialstaat verspricht, für die Versorgung im Alter zu sorgen. Trotzdem wälzt er die Kosten zum Teil auf die Kinder ab. Das halten viele in unserer Gesellschaft für inkonsequent und ungerecht.

Nach einer Einführung von Professor Lautner in verfassungsrechtliche Grundpositionen bei diesen Problemen stellte Christoph Kapp, Fachanwalt für Sozialrecht, eine Frage ins Zentrum seiner Ausführungen, die bei den Anwesenden auf großes Interesse stieß.

Elternunterhalt: Wann müssen Kinder zahlen?

Das Recht auf Pflege wurde 1995 in Form der Pflegeversicherung gesetzlich verankert. Aber gute Pflegeheime sind teuer. Die Lebenserwartung – und damit die Aufenthaltsdauer in Alten- und Pflegeheimen – wird immer länger. Die notwendigen Pflege- und Heimkosten können schnell so weit ansteigen, dass sie aus kleinen und mittleren Einkommen und Renten nicht mehr gedeckt werden können. Liegt doch die Durchschnittsrente der Frauen bei 750 €, die der Männer bei 1042€. Genügen Rente, eigene Ersparnisse und Pflegeversicherung nicht, um die Pflegekosten zu decken, so springt das Sozialamt ein. Es prüft in diesen Fällen jedoch immer, ob nicht andere Unterhaltspflichtige herangezogen werden können.

Wie funktioniert nun das System der Grundsicherung bei Pflege?

Kostet ein Heimplatz/Pflegeklasse für ein Elternteil monatlich 3200€, sind z.B. bei Pflegestufe 2 (1279€) 1921€ selbst zu zahlen. Etwa 42% der Pflegeheimbewohner in Deutschland erhalten ergänzende Leistungen aus der Sozialhilfe(Grundsicherung). Unterhaltsansprüche der Pflegebedürftigen gehen dann an das Sozialamt über. Das Sozialamt zahlt zunächst und holt sich das Geld wieder. Dies betrifft zum einen den Ehegatten, immer häufiger aber auch die Kinder.

Grundzüge der Berechnung der Unterhaltspflicht

  • Verwandte gerader Linie
  • Nicht Schwiegerkinder
  • Kein Unterhalt von Angehörigen 2.Linie
  • §1603 BGB(notwendiger/angemessener Selbstbehalt)
  • Haftung auch mit Vermögen

Ob und wie viel Unterhalt Kinder für ihre pflegebedürftigen Eltern zahlen müssen, hängt von der finanziellen Leistungsfähigkeit ab. Die Kind sollen ja durch die Unterhaltszahlungen nicht selbst in Not kommen. Der zu zahlende Satz wird individuell berechnet.

Die Berechnungen der Sozialämter sind dabei nicht selten unvollständig und sollten überprüft werden. Die mehrseitigen Fragebögen sind schwer verständlich, die Einzelheiten äußerst kompliziert. Wehren sich Unterhaltspflichtige nicht gegen einen zu hohen Leistungsbescheid, zahlen sie möglicherweise zu viel oder viele Jahre, obwohl sie gar nicht dazu verpflichtet gewesen wären.

Das unterhaltsrelevante Einkommen wird „bereinigt“

  • Eigene Vorsorgeaufwendungen bis 5% des unterhaltsrelevanten Einkommens
  • Aufwendungen für Kranken-/Pflegeversicherung
  • Schuldenverpflichtungen (auch) aus Konsumkrediten
  • Vorrangige Unterhaltsverpflichtungen (Kinder)
  • Lasten für ein „angemessenes“ selbstgenutztes Haus

Für den Unterhaltspflichtigen bleibt ein Mindestselbstbehalt von 1600€, einschließlich 450€ (!)Warmmiete. Weiterhin gibt es einen Freibetrag von 1.050 Euro für den Ehepartner (wenn dieser nicht selbst verdient) und einen Freibetrag pro unterhaltberechtigtem Kind. Die Restsumme wird als „einsetzbares Einkommen“ zur Zahlung des Elternunterhaltes herangezogen.

Grundsätzlich kann das Sozialamt auch auf das Vermögen der Kinder zurückgreifen, um die Pflegekosten der Eltern zu decken. Dabei gibt es aber einige wichtige Einschränkungen: Das selbstgenutzte Eigenheim der unterhaltspflichtigen Kinder darf in aller Regel nicht mit herangezogen werden. Auch das Geldvermögen muss nicht vollständig aufgebraucht werden, um für die eigenen Eltern zu sorgen. Hier gibt es ein sogenanntes Schonvermögen, das nicht angetastet werden darf. Dessen erlaubte Höhe variiert je nach zuständigem Sozialamt zwischen 20.000 und 100.000 Euro. Hier gilt es aufzupassen.

Gleichnahe Verwandte (Geschwister) haften anteilig, nicht als Gesamtschuldner. Schwierig wird es, wenn z.B. Geschwister im Ausland leben, Geschwisterauskünfte nicht möglich oder die Geschwister nicht zahlungsfähig sind. Aber auch dann wird nur nach Einkommensquote bezahlt. Verschont bleiben alle, die etwa als Geringverdiener oder Teilzeitbeschäftigte unter der Freigrenze liegen.

Für den Pflegebedürftigen selbst kann es sinnvoll sein, das eigene Haus frühzeitig auf die Kinder zu übertragen (und sich ein Wohnrecht zurückzubehalten). Dies muss allerdings mindestens zehn Jahre vor der Pflegebedürftigkeit geschehen, da die Sozialbehörden innerhalb der 10-Jahres-Frist ein Rückforderungsrecht haben (§ 528 BGB).

Die Komplexität des Themas führte zu vielen Fragen und gibt Impulse für weitere Veranstaltungen in diesem Bereich.

sg