Gerhard Sendelbach über Aufbau und Kosmetik unseres Kopfschmucks

Biologisch betrachtet, sind Haare totes Material mit positiven Eigenschaften. Sie schützen die Kopfhaut vor Sonne und Kälte und spielen kulturell eine erstaunlich große Rolle. Während der Hippie-Ära haben die damals modern gewordenen Langhaar-Frisuren, verächtlich Zottelköpfe genannt, Familienkräche ausgelöst. Um jeden Zentimeter mehr Haar mussten die Jugendlichen damals kämpfen. Davon erzählt auch das Musical „Hair“.

Starke Haare werden gern mit starken Persönlichkeiten assoziiert. So kam einer Besucherin des Aka-Vortrags über den „Streifzug durch Struktur und Kosmetik der Haare“ sogleich der Kennedy-Clan in den Sinn, der genetisch mit einer beneidenswert prachtvollen Mähne ausgestattet ist.

„Jeder will die Haare, die er nicht hat“, sagte der Referent, der Chemiker Gerhard Sendelbach, der 25 Jahre bei der Wella beschäftigt war. „Und davon leben ganze Industrien nicht schlecht“.

Der Mensch hat etwa 150.000 Haare auf dem Kopf, die pro Monat einen Zentimeter wachsen. Durch ein Lichtmikroskop betrachtet, zeigen sich die Unterschiede zwischen der Haarstruktur der verschiedenen Ethnien. Das asiatische Haar ist im Querschnitt fast rund, das europäische mehr elliptisch geformt und das afrikanische stark elliptisch und in sich verdreht. Deshalb gibt es für jeden Kontinent andere Pflegeprodukte.

Haare bestehen zu 90 Prozent aus Protein (Eiweiß). An ihnen ist die Gesundheits- oder Krankheitsgeschichte ihres Besitzers ablesbar. Das wurde Ex-Bayern-Trainer Christoph Daum zum Verhängnis, als er in einen Kokainskandal verwickelt war. Er beteuerte seine Unschuld, aber eine Haarprobe überführte ihn der Lüge. Denn bei der Bildung der Haare in den Follikeln werden Substanzen eingebaut, die gerade im Blut vorhanden sind. In seinem Fall war es Kokain.

Für die Haarfarbe sind zwei Arten von Pigmenten verantwortlich: das Eumelanin (bei Brauntönen) und das Phäomelanin (bei Rottönen). Sie werden bei der Keratinzellteilung in jede Zelle injiziert – wie Kügelchen in Höhlen.

Der Haarglanz ist die Folge der Lichtreflektion auf den sechs Schichten der Cuticula (Schuppenschicht, die das Haarmark ummantelt). Ist sie durch äußere Einflüsse – etwa Meerwasser, Sonne, raue Kämme – angegriffen, wirken die Haare stumpf. Dass der Nerzpelz so schön schimmert, ist auf seine 25 Cuticula-Schichten zurückzuführen. Da sie in einem Winkel angeordnet sind, reflektieren sie das Licht besonders gut.

Wie hält man sein Haar im bestmöglichen Zustand? Sendelbach empfahl, es mit Hüten oder Kopftuch vor Witterungseinflüssen zu schützen und nach der – milden – Haarwäsche Conditioner zu benutzen, der die Cutila glättet, leichter kämmbar macht und somit Reibungen vermindert. Milde Shampoos sollten bevorzugt werden. Man könne sie daran erkennen, dass sie viele Komponenten, aber keine Sulfate enthalten und wenig Schaum entwickeln.

pep