Wie der Zufall den Mainzern ein neues Museum bescherte

Vor über 2000 Jahren haben die Römer in Mainz einen Militär- und Flottenstützpunkt angelegt. Als Bauarbeiter im Winter 1981/82 beim Ausheben einer Baugrube in der Nähe des Rheins Teile alter Schiffe entdeckten, war dies eine Sensation für die Archäologen.

Die Funde  galten als  so bedeutend, dass sie in einem Museum ausgestellt werden sollten. Eine ehemalige Bahnwerkstatt und Großmarkthalle wurde 1994 zum „Museum für antike Schifffahrt“ umgebaut. Erwin Fendrich und Ingrid Scheffler ermöglichten einer Gruppe der Akademie 55plus, dieses Museum und anschließend die Mainzer Altstadt kennenzulernen.  

Der Pädagoge Maximilian Keck führte die Südhessen durch die Ausstellung, deren größte Schätze die bis 18  Meter langen Wracks aus Eichenholz sind. Nach ihrer Entdeckung während der Bauarbeiten in Höhe von Hilton-Hotel und Rheingoldhalle stellte sich die Frage, wie sie am schonendsten geborgen werden könnten. Filmaufnahmen zeigen, dass sie in einer Art Wanne herausgehoben wurden. Bei der Untersuchung der fünf Wracks stellte sich heraus, dass die Schiffe um 400 nach Christus gebaut worden waren. Es waren Militärschiffe, die für Rhein-Patrouillen eingesetzt wurden, mit Ruderplätzen für etwa 30 Personen. In der großen Museumshalle kann man Nachbildungen im Format eins zu eins mit den Originalen vergleichen. Auf den Schiffen waren  Pfeilbolzenkatapulte installiert. An einem Nachbau erklärte Maximilian Keck, wie die Pfeile auf die Feinde abgeschossen wurden.  

Die Wracks, aber auch Sekundärquellen – etwa die Trajansäule, Grabsteine oder Münzen – helfen den Wissenschaftlern, die antiken  Wasserfahrzeuge zu rekonstruieren. Kriegsschiffe zum Beispiel – nicht jedoch die gefundenen Reste der Flussschiffe – verfügten über einen Rammsporn aus Metall, mit dem die Planken eines  feindlichen Schiffes gebrochen werden konnten. Die Kampfschiffe waren mit etwa 200 Ruderern besetzt, hinzu kamen Steuerleute und Ersatzruderer, insgesamt etwa 350 Personen. Anders als es der Film „Ben Hur“ zeigte, waren die Ruderer nicht Sklaven, sondern Soldaten, die auch gewisse Bürgerrechte hatten. 

Um den römischen Schiffsbau besser zu verstehen, werden in der museumseigenen Werkstatt Schiffe im Verhältnis 1 zu 10 so detailgetreu wie möglich nachgebaut, aber nie zu Wasser gelassen: Dazu sind sie viel zu kostbar.

Text und Fotos: Petra Neumann-Prystaj