Ein Aka-Ausflug nach Mannheim zur Barock-Ausstellung und zum Weihnachtsmarkt

Die Epoche des Barock  reicht von etwa 1580 bis 1770 und ist gekennzeichnet von Aufbruch und Absolutismus, Puder, Pomp und Dekadenz. Kolonien entstehen, weltweit wird Handel getrieben, Wissenschaftler entwickeln Mikroskope und Teleskope. Am Hofe von Versailles hat Sonnenkönig Ludwig XIV. das Sagen – doch wer dem mächtigen Louis begegnet, rümpft die Nase und wendet diskret den Kopf ab. Aus Selbstschutz, nicht aus Schüchternheit. Denn der König hatte einen fürchterlichen Mundgeruch.

Selbiger war eine Folge der Essgewohnheiten am Hofe. Die Gerichte  seien „nicht  wirklich lecker“ und sehr ungesund gewesen, erklärte Birgit Hiefner-Konietzko einer Aka-Gruppe, die sie durch die Mannheimer Barock-Ausstellung in den Reiss-Engelhorn-Museen führte. Sie kann es beurteilen, weil sie einige  Rezepte zusammen mit einem Kollegen nachgekocht hat. „Barock essen - das wollen Sie bestimmt nicht“, versicherte sie der Gruppe aus Darmstadt. Die in großen Mengen aufgetischten Speisen seien viel zu süß, zu scharf und zu fett gewesen. Um den Hautgout (Verwesungsgeruch) des grün abgehangenen Hirschfleischs zu maskieren, musste kräftig gewürzt werden.

Anschaulich beschrieb die Museumsführerin die Folgen dieser Fehlernährung.  Weil Ludwig XIV.  Süßes liebte und prompt Karies bekam, was man damals auf „Zahnwürmer“ zurückführte, wurden ihm mit Anfang 30 ohne Betäubung  alle Zähne gezogen. Wegen der dabei entstandenen Verletzung im Gaumenraum sammelten sich in einer Mulde Speisereste und faulten vor sich hin – daher der Mundgeruch.  Die fehlenden Zähne und die mangelnde Kaukraft wurden mit pürierten Speisen (Ragout, Gemüsemus) kompensiert. Von George Washington wusste die Führerin zu berichten, dass er gar 34 Gebisse (und einen Zahn)  sein eigen nannte. Damit nichts herausfiel, presste er den Mund zusammen und wirkte dadurch immer sehr entschlossen.  

Mit Geschichten wie diesen enttarnte die Museumsführerin den „schönen Schein“ des Barock. Sie erzählte der Gruppe, dass sich der Begriff „Vögeln“ auf den früheren  Brauch bezieht, Perücken  im Vogelkäfig aufzubewahren, damit die Vögel dort das Ungeziefer herauspicken konnten. Flohfallen, getränkt mit etwas Blut und Honig, wurden in der Kleidung verteilt, um der  kleinen Biester Herr zu werden. „Mouches“ verdeckten Pockennarben – das sind Schönheitspflästerchen aus dünnem Leder in Herz- oder Kreisform.  Warum aber waren die Adligen damals so wasserscheu? Weil sie aus der Tatsache, dass die Haut schwitzt, den falschen Schluss zogen, Wasser könne von außen über die Poren in die Haut eindringen und den Körper aufschwemmen. Pro Jahr mussten etwa 20 Kilo Make-up für jede adelige Dame zusammengemixt werden, eine  weiße Paste aus Tierschmalz, Reismehl, Kalk – und dem gesundheitsschädlichen Quecksilber.

Im Alter von sieben Jahren wurden die adeligen Mädchen erstmals in eine Schnürbrust gezwängt. Schlanke Taillen sollten das (gebärfreudige) Becken betonen. Nach der möglichst frühen Heirat wurde von den blutjungen Ehefrauen erwartet, dass sie vielen Kindern das Leben schenkten. Viele starben im Wochenbett.

Die Ausstellung mit 300 Exponaten ist unterteilt in die Themenkomplexe Raum (Landkarten, Globen, Kolonien, China-Handel), Glaube, Körper, Wissen, Ordnung und Zeit. Barock – das war schließlich nicht nur schöner Schein, weil es in dieser Zeit ja auch wegweisende wirtschaftliche und wissenschaftliche Entwicklungen gab.

Nach dem Museumsbesuch erfreuten sich die Aka-Mitglieder am echten Schein der Weihnachtsmärkte rund um den Mannheimer Wasserturm.

Text und Fotos: Petra Neumann-Prystaj