Bei der Jubiläumsfeier im Vortragsraum wurde in Erinnerungen geschwelgt

erzaehlcafe 10 jahreAls Aloisia Spitaler und Walter Schwebel im September 2007 die Aka-Mitglieder zum ersten Erzählcafé-Treffen in das Offene Haus einluden, hatten sie kein richtiges Konzept. Aber eins stand für beide fest: Daraus sollte mehr werden als ein gemütliches Beisammensein bei Kaffee und Kuchen im Zwei-Wochen-Turnus. Die beiden Moderatoren ermutigten die Teilnehmer, vor anderen Menschen über ihr Leben zu erzählen, was manchem anfangs schwerfiel.

Sie wählten ein bestimmtes Thema aus und baten ihre Zuhörer, sich damit auseinanderzusetzen, erst mündlich, später auch schriftlich. So entstand der erste Band „Aus dem Nähkästchen geplaudert“. Und dieses Nähkästchen ist keine Metapher, das gibt es wirklich – Aloisia Spitaler brachte das Maskottchen zur Jubiläumsveranstaltung „Zehn Jahre Aka-Erzählcafé“ in den Vortragssaal mit.

Im zweiten Buch „Im Rückspiegel betrachtet“ blickten die Erzählcafé- Besucherinnen und Besucher auf ihren Lebensweg zurück und schilderten ihre Lebenserfahrungen. Beim Erzählen wurden immer neue Türen in die Vergangenheit aufgestoßen und längst Vergessenes aus den Tiefen der Erinnerung heraufgeholt: Mutters Küche, Kinobesuche, die Schulzeit im Krieg, die Flucht. Jeder brachte seine ganz persönliche Geschichte mit – und lernte neue Leute kennen. Ein wichtiger Nebeneffekt, denn daraus entwickelten sich Freundschaften. „Welch ein Reichtum ist es, wenn man so viele Menschen kennen lernen und von jedem irgendetwas mitnehmen kann“, meint Teilnehmerin Bruni Wojke. Eine Dreiundachtzigjährige gestand, dass sie dank der vielen Schilderungen endlich ihre Mutter besser verstehen kann. Vielen hat das ungewohnte öffentliche Vortragen geholfen, selbstbewusster zu werden.

Seit 2014 leiten Irma Reutter und Christine Zimmermann das Erzählcafé. „Was erzählt ihr euch?“, werden sie immer wieder gefragt. Alles, was das Herz bewegt: Es geht um tragische Schicksale, Krankheit, Vergewaltigung bis zum Mord, aber auch um die kleinen Erlebnisse mit Freunden oder Eltern, die eigene Identität, erfüllte und unerfüllte Lebensträume oder den Umgang mit nachlassenden Kräften im dritten Lebensabschnitt. Inzwischen experimentiert die Erzählrunde mit der Idee, Erlebnisse aus der Sicht eines Küchentischs, einer Handtasche oder eines Tieres zu schildern. Irma Reutter und Christine Zimmermann sind sicher, dass ihnen auch in den kommenden zehn Jahren die erzählenswerten Ideen nicht ausgehen werden.

Seit 2007 hat Werner Nüsseler die Treffen der Runde fotografisch begleitet. Er präsentierte bei der Jubiläumsveranstaltung einen Rückblick in Bildern, der viele schmerzliche und frohe Erinnerungen –an verstorbene Teilnehmer und schöne Feste – weckte. Radio Radar hat das Erzählcafé mehrmals eingeladen und wird auch zum zehnjährigen Bestehen einen Beitrag bringen.

Text: Petra Neumann-Prystaj / Foto: Bruni Wojke

> weitere Informationen zum Erzählcafé

Lesen Sie dazu den Artikel im Darmstädter Echo -> hier