Aka-Vortragsraum als Tanzparkett: Tango-Show und Vortrag von und mit Dr. Peter Wagener

So schummrig-festlich hatten die Aka-Mitglieder den Vortragsraum noch nie gesehen. Zwei rote Kugellampen, Dutzende von Kerzen und elektrische Lichterketten verwandelten ihn in eine Art Bar. An zwei Tischchen nippten Damen im kleinen Schwarzen, die Federboa lässig über die Schulter gestreift, an ihren Sektkelchen. Warum der Platz vor der Leinwand freigehalten wurde, obwohl im Raum drangvolle Enge herrschte, zeigte sich im Lauf der Veranstaltung.

Vier Paare führten auf diesem provisorischen Tanzparkett passend zur PowerPoint-Präsentation von Dr. Peter Wagener die von ihm erklärten Tango-Variationen vor.

Seit sechs Jahren sind Wagener und seine Frau begeisterte Fans des Tango Argentino. Unterstützt von befreundeten, ebenfalls vom Tangofieber infizierten Paaren, vermittelten sie eine Ahnung von der Magie dieses Tanzes, über den Georg Bernard Shaw einmal sagte, er sei der vertikale Ausdruck eines horizontalen Verlangens. „Man muss gut riechen“, verriet der Wagener, „weil man sich sehr nahe kommt.“ Was sogleich bewiesen wurde.

Die vier Paare inszenierten eine Milonga, eine traditionelle Tanzveranstaltung, bei der die Herren die Damen durch Blicke auffordern und die Damen mit leichtem Kopfnicken reagieren, wenn ihnen der Tänzer gefällt. Es ist eine feine und dezente Form der Verabredung. Die Paare zeigten Schrittelemente, Drehungen und Improvisationen. „Der Mann macht einen Plan“, erklärte Wagener. „Er prüft: Wieviel Platz habe ich? Abhängig von der Musik, geht er dann in die ersten Schritte hinein.“ Und zwar gegen den Uhrzeigersinn. Die Frau – sie ist meist die „Folgende“ – spürt die Feinheiten des Führens und reagiert. Jeder tanzt, was er fühlt, möglichst in einem kontinuierlichen Bewegungsfluss. Dabei sollte sich ein Gleichklang zwischen Führendem und Folgender einstellen.

Wagener nahm sein Publikum mit auf die Zeitreise des Tango Argentino, die 1880 am Rio de la Plata beginnt. Der Tanz entstand im Rotlichtmilieu. Einwanderer aus Südeuropa und afrikanische Sklaven hofften vergebens, in Montevideo und Buenos Aires Arbeit zu finden. Der Tango, geboren aus der Sehnsucht, entstand in einer Atmosphäre von Elend und Arbeitslosigkeit. Er enthält Tanz-Elemente und musikalische Stilrichtungen vieler Ethnien wie Mazurka, Polka, Walzer und Ländler. Da Frauenmangel herrschte, tanzten die Männer miteinander. Für die Oberschicht war der „Tango de los negros“ ein Ausdruck von Verkommenheit.

Um 1914 schaffte er es dennoch über den Atlantik und war bald der angesagte Modetanz in den Bars von Paris, Wien und Berlin. Für den „Tango de Salon“ wurden die großen Orchester aus Argentinien in die Alte Welt geholt. Jetzt erst begann sich auch die argentinische Oberschicht dafür zu interessieren. Und schon feierte sie ihren ersten Superstar: den bis heute verehrten Sänger und Komponisten Carlos Gardel, dessen Markenzeichen sein keck aufgesetzter Tango-Hut war. Inzwischen gibt es auf allen Kontinenten und in über 100 deutschen Städten Tango-Schulen, Tango-Tanzveranstaltungen, Tango-Marathons und Tango-Festivals. Tango gilt sogar als Weltkulturerbe.

Dr. Peter Wagener hatte die Aka-Mitglieder schon zu Beginn seiner Veranstaltung „Was ist denn dran am Tango Argentino?“ gewarnt: Tango kann süchtig machen. Die ersten Zuschauerinnen erkundigten sich bereits, wo es in der Umgebung Tanzschulen gibt.

Am 7. November bieten Akademie 55plus und Dr. Wagener einen Schnupperkurs an.

Petra Neumann-Prystaj