emmerich portraitDie Linse ist der Filter im Auge, der die Lichtstrahlen von außen bündelt und auf die Netzhaut weiterleitet, so dass dort ein scharfes Bild entsteht.

Ist die Linse getrübt, wird das Sehen unscharf und kontrastarm. Die Lesefähigkeit nimmt ab, die Welt ist weniger farbig und in der Dunkelheit wird man schneller geblendet. Unbehandelt kann der graue Star bis zur völligen Erblindung führen.

Der graue Star kann verschiedene Ursachen haben. Es kann sich um eine angeborene Disposition handeln, er kann infolge einer Verletzung auftreten oder Folge von Diabetes oder einer anderen Augenerkrankung sein.  Die häufigste Trübung der Linse ist jedoch der „Altersstar“.  „Sie erwischt jeden, man muss nur alt genug werden“, so Prof. Dr. Emmerich, Chefarzt der Augenklinik in Darmstadt,bei seinem Vortrag bei der Akademie 55plus am 29. November 2017.

Warum das so ist, weiß man noch nicht, daher kann man auch nichts Wirksames tun, um die Erkrankung zu vermeiden.

Nach Belegen aus Ägypten war der graue Star bereits 2400 v.Chr. bekannt.  Von 500 v. Chr. In Babylon bis ins 18. Jahrhundert hat man bereits einen - risikoreichen - chirurgischen Eingriff am Auge vorgenommen, in der Regel, wenn dieses gänzlich erblindet und die Linse hart geworden war. Mittels einer langen Nadel wurde die Linse in den Glaskörper des Auges gestoßen. Nach einer solchen Operation konnte wieder Licht auf die Netzhaut treffen, allerdings waren die Operierten extrem weitsichtig. Eine dickglasige Starbrille (bis zu 15 Dioptrin)  konnte den Betroffenen – wenn alles gut verlaufen war – wieder einigermaßen zum Sehen verhelfen.

Seit den ersten Versuchen im 18. Jahrhundert, die erkrankte Linse nicht nur zu entfernen, sondern sie zu ersetzen, hat die Entwicklung der OP-Technik des grauen Star eine rasante Entwicklung genommen.  Es sei eine erfreuliche Erfolgsgeschichte, so Prof Emmerich, zumal das Risiko äußerst gering sei. Seit den 90ger Jahren  wird minimal invasiv mittels eines winzigen Schnittes von etwa 3 mm die alte Linse im Auge abgesaugt und durch eine Linse aus Plexiglas oder Acrylat (faltbar) ersetzt. 

Jährlich werden in Deutschland etwa 800 000 solcher Operationen vorgenommen. Die Augen werden nicht gleichzeitig operiert. Der Eingriff wird in der Regel unter örtlicher Betäubung vorgenommen und dauert etwa 20 min; bis zur Kontrolle am nächsten Tag wird ein Augenverband angelegt.

Einer intensiven Beratung bedarf die Entscheidung, ob die Linse durch eine monofokale (mit einem Brennpunkt) oder eine multifokale (mit mehreren Brennpunkten) ersetzt werden soll.  Mit einer monofokalen Linse kann man entweder in der Nähe oder in der Ferne scharf sehen, man benötigt nach der OP also weiterhin eine Brille. Multifokale Linsen ermöglichen - wie Gleitsichtbrillen - das scharfe Sehen in mehreren Entfernungsbereichen.

Margret Wendling