Das ist das Positive an den „biblischen Geschichten“, die Elke Decker in unregelmäßiger Folge im Wohnpark Kranichstein erzählt, dass sie zur neuen Nachdenklichkeit anregen. Den jeweiligen Plot kennen wir alle, aber das Thema hat x Jahre oder gar Jahrzehnte geruht, sodass eine moderne Version dem zahlreichen Publikum am 10. 12. sehr willkommen schien. Gerade bei Eva, der ersten (und eine der spektakulärsten) Frau (en) in der Bibel galt es, einige Hintergründe deutlich zu benennen, bzw. mit alten Klischees aufzuräumen.

An dem Bespiel des Komplexes „Verweis aus dem Paradies“ entwickelte Frau Decker ihre facettenreiche Geschichte: In kleinen Schritten und mit einem längeren Zitat aus dem 1. Brief Moses, II erklärt sie nachhaltig: Alle Chronisten, Dichter und Maler jener Zeit (ca. 9 000 Jahre v. Chr. und später) waren Männer!

Die gesamte Schuld der Menschheit entstammt doch dem Mythos vom Erwachen des Bewusstseins durch das Essen von der verbotenen Frucht vom Baum der Erkenntnis. Eva pflückte den Apfel. Nach dem Genuss des verbotenen Apfels erkennen Adam und Eva ihre Nacktheit und ihre Schuld. Aber war es nicht die Schlange, die Eva verführte? Die Bereitschaft, die Rolle der Verführerin bei Eva zu belassen, beruht womöglich auf einer der Zeit geschuldeten Meinung, die von schreibkundigen Männern in der Bibel umgesetzt wurde. Natürlich fehlte damals das weibliche Denken und Fühlen. Aber ist es in Ordnung, dass wir Eva die Schuld am Verbot, weiter im Garten Eden zu leben, heute noch zuschreiben? Ebenso kritisch kann man mit der ‚Rippe aus Adams Fleisch“ umgehen. Ist vielleicht die Geschichte so geschrieben worden, damit dem das Sagerecht gehört, der zuerst da war, um die Unterordnung der Frau zu zementieren?

Auch die Schöpfungsgeschichte ist seit Darwin höchst fragwürdig, ja unhaltbar und nur als ein Begriff des Glaubens noch aufrecht zu erhalten. Mit der Evolution ist eine plausible und intelligentere Theorie zu der Schöpfungsgeschichte hinzugekommen und die Menschen haben die Freiheit, nach ihrem Geschmack, bzw. ihrem Glauben zu entscheiden. Der Streit zwischen Kreationimus und den Anhängern der Evolution ist noch nicht beendet; unser Land gewährt die persönliche Glaubensfreiheit.

Soll man das Gebot zum Arbeiten („im Schweiße deines Angesichts …“) nach dem Sesshaftwerden des Menschen als eine Bestrafung werten oder handelt es sich lediglich um einen anderen Lebensstil in einer neuen Epoche? Die Bibel hat keine Antworten auf den sozialen Wandel, räumt auch Frau Decker sinngemäß ein. Auf der Suche nach der realen Welt scheitert der Leser an zahlreichen Stellen. Die Bibel erzählt Erbauliches für Gläubige. Ein Teil der Literatur ist sie für alle.

Walter Schwebel