Lehrreich und amüsant:

Pfarrer Siegmund Krieger und PetraPetra Neumann-Prystaj, die zweite Vorsitzende der Aka, hatte diese Veranstaltung als frühere begeisterte Leserin der Kelemann-Krimis liebevoll vorbereitet, erzählte und referierte Abschnitt für Abschnitt aus ihren Unterlagen. Der als Experte eingeladene pensionierte Pfarrer Siegmund Krieger ergänzte und beantwortete Petras Fragen. So entstand ein lebendiger Dialog.

Zur Klärung vorweg:
Die Tora enthält die verbindliche religiöse Tradition des jüdischen Glaubens. Bekannt ist die Torarolle mit 613 Geboten und Verboten. Sie ist Ausgangspunkt des talmudischen Denkens.
Den Talmud gibt es in verschiedenen Auslegungen und Kommentaren, die alle auf der Tora basieren.
Rabbiner(in): Religionslehrer(in), die von den Gemeinden angestellt sind.

Ein Rabbi bearbeitet in seiner Gemeinde auch Schlichtungen und ist frei in seinen Entscheidungen. Infolge des Völkergemischs in Israel, der Sprachverwirrungen und den unterschiedlichen Auslegungen des Talmuds entstehen groteske und absurd wirkende, kuriose Urteile, die hinreichend Stoff für spanende und amüsante Geschichten bieten.
Auf diesem Gebiet bewegte sich der amerikanische Schriftsteller und Sprachprofessor Harry Kemelmann (1908 – 1996), der von 1964 bis 1996 elf Kriminalromane schrieb. Als Protagonisten erfand er den Rabbi David Small. Durch die Namensgebung ist bereits eine bescheidene Figur gekennzeichnet. Aber Small ist schlau; er arbeitet und denkt nach der Pilpul-Methode, die bei allen Schlichtungsfällen in Israel angewandt wird, nämlich immer skeptisch, kritisch und logisch vorzugehen. Diese Regel fördert den Zweifel und spricht gegen oberflächliche Entscheidungen. Da sich oft unterschiedliche Rabbiner und rivalisierende Rabbinergruppen an den Schlichtungsgesprächen beteiligen und wenn eine spitzfindige Bürokratie mit ins Spiel kommt, entstehen haarsträubende und nur noch mit Humor verstehbare Sketsche und Geschichten. Es finden sich leicht Spielwiesen für rechthaberische, schlitzohrige und störrische Rabbiner-Typen.

(Nach Ansicht des Judentum-Forschers und Wissenschaftlers Jacob Neusner trägt die traditionelle jüdische Religion dazu bei, für das typisch jüdische Denken und Handeln nicht unwesentlich verantwortlich zu sein, weil die Religion verlange, jüdisches Verhalten solle (oder müsse) sich immer vom Verhalten der Nichtjuden unterscheiden. Dieses auf Privilegien hinführende Gebot führt zu der häufig anzutreffenden Launigkeit, Kauzigkeit und geringe Kompromissbereitschaft von Juden im Umgang mit anderen Menschen *).
Der Autor Harry Kemelmann beschrieb in seinen Kriminalgeschichten, die uns Petra vortrug, widersprüchliche und kurios erscheinenden Fälle, die einen besonderen Reiz für den Leser ausmachen und nur mit dem durchschimmernden Humor für den Leser genussreich sind. Ausklingend kamen noch die jüdischen Ernährungsvorschriften und deutsch-amerikanische Unterschiede des Judentums zur Sprache. Pfarrer Krieger berichtete dabei über einige seiner Erfahrungen aus einem einjährigen USA-Aufenthalt.

 *) Externe Anmerkungen des Berichterstatters

Text: Walter Schwebel Foto: Gerald Block