Vortragsveranstaltung der Aka 55plus mit Sprachwissenschaftler Christoph Merkelbach im Nachbarschaftsheim
Mit Sprachen kennt sich Dr. Christoph Merkelbach seit Jugendjahren aus. Er ist nicht nur im Dreiländereck Belgien, Holland und Deutschland aufgewachsen, sondern erlernte früh die Taubstummensprache, um mit seinem gehörlosen Bruder kommunizieren zu können. Von 1994 bis 2014 unterrichtete er an der Universität von Taiwan und kam 2014 nach Darmstadt, um die Leitung des Sprachzentrums der TU zu übernehmen. Sein Schwerpunkt ist die Fremdsprachenlernforschung.
Bei der ersten Kooperationsveranstaltung der Akademie 55plus mit dem Nachbarschaftsheim (Schlösschen im Prinz-Emil-Garten) ging es allerdings nicht um das Erlernen von Sprachen, sondern um geheime Verständigung. Der Aka-Vorsitzende, Gerhard Barnickel, stellte den Referenten vor, der unserem Verein und seiner Gründerin Heidrun Bleeck schon lange verbunden ist: Aka-Mitglieder hatten an seinem Sprachunterstützungsprogramm für geflüchtete Menschen aktiv mitgewirkt.
Geheimsprachen wurden meistens im Zusammenhang mit Kriegen entwickelt. Dr. Merkelbach unterschied zwischen Steganografie, dem Verstecken und Unsichtbarmachen einer Botschaft etwa auf Papier, und Kryptologie, der sichtbaren Verschlüsselung. Den Großeltern im Publikum riet er, bei der Herstellung von Zaubertinte aus Milch und Zitronensaft, die mit Wärme lesbar gemacht wird, nicht die früher üblichen Zutaten zu verwenden, weil sich deren Qualität geändert hat. Der Trick gelinge heutzutage nur noch auf billigem Papier und mit teurer Milch.
Aus dem großen Spektrum der Geheimsprachen stellte er mehrere vor, beginnend mit den optischen und akustischen Morsezeichen. Wie man mit diesen Zeichen seinen Namen schreibt, sollte jeder selbst herausfinden, denn Merkelbach legt Wert auf die Interaktion mit seinem Publikum.
Für das Sichtbarmachen eines nach der Cardano-Methode verschlüsselten Textes, benannt nach dem Mathematiker Gerolamo Cardano, braucht man eine individuell angefertigte Schablone. Mit ihrer Hilfe kann aus einem Buchstabensammelsurium die zu übermittelnde Nachricht herausgelesen werden, wenn Sender und Empfänger über das gleiche Rasterelement verfügen.
Freimaurer bedienten sich früher eines Winkelcodes: Jedes Winkelelement steht für einen Buchstaben. Das ist einleuchtend und ebenso schnell zu kapieren wie die Polybios-Quadratschrift, bei der Wörter in einen Zahlencode umgewandelt werden. Zwei mit Buchstaben beschriftete Kreise, die umeinander gedreht werden, sind die Grundlage für die Cäsar-Verschlüsselung.
Das Publikum aber interessierte sich besonders für Enigma („Rätsel“), die legendäre Chiffriermaschine der Deutschen, die im Zeiten Weltkrieg zum Einsatz kam. Sie sieht aus wie eine Schreibmaschine und hat drehbare Walzen, die Rotoren, auf denen die Buchstaben des Alphabets stehen. Jeden Tag wurden andere Walzen für die Verschickung von Nachrichten zu Lande und zu Wasser ausgewählt. Haben Amerikaner, Engländer oder Polen im Verlauf des Krieges den so sicher geglaubten Code geknackt? Darüber sind sich amerikanische und britische Spielfilme sowie die Geschichtsschreibung uneinig. Es haben wohl viele mathematische Talente dabei mitgewirkt. Feste Wortkombinationen – etwa beim Wetterbericht oder der Grußformel – führten die Experten schließlich auf die richtige Spur. Ab diesem Zeitpunkt wussten die Briten vorab, wo die Deutschen Angriffe planten und konnten ihre Luftabwehr in Stellung bringen.
Zum Schluss führte Dr. Christoph Merkelbach das Fingeralphabet vor und „schrieb“ damit Aka – siehe Fotos.
Text und Fotos: Petra Neumann-Prystaj