Dem 1957 in Berlin geborenen Künstler Gunter Demnig ist es zu verdanken, dass eine Aktion für die Opfer der Nazis in Deutschland 1996 in Köln ihren Lauf nahm und weiter läuft. An 600 Orten, auch außerhalb Deutschlands, liegen insgesamt fast 30.000 Stolpersteine als Kunstprojekt und politische Mahnmale zugleich. Diese 10x10 cm großen Betonsteine mit einer eingelassenen Messingplatte sind meist niveaugleich in Gehwege oder Plätze der Orte eingesetzt, an denen die Opfern des Naziregimes bis zu ihrer Deportation gelebt oder gewirkt haben. Den ersten Stolperstein setzte Demnig 1996 in Köln, versehen mit einem Zitat Heinrich Himmlers, das den Rassenwahn dokumentiert. Die folgenden Messingtafeln auf den Mahnsteinen tragen die engsten Personendaten bis zum gewaltsam herbeigeführten Tod für jede einzelne Person.

Die Referentin, Michaela Rützel, sehr engagiertes Mitglied des Darmstädter „Arbeitskreises Stolpersteine“, veranschaulichte in ihrem Vortrag am 31. Januar 2012 die grausamen Methoden des Menschen verachtenden Systems zwischen 1933 und 1945 anhand einiger Familien in Darmstadt, die Attacken auf von Juden geführten Geschäfte und das Zusammenpferchen einer großen Anzahl von Opferpersonen und -familien im „Judenhaus“ Annastraße 22. Ein markantes Beispiel für das Wachhalten der Erinnerung der zahllosen Ungerechtigkeiten der Nazis beschreibt ein Ereignis an der Technischen Hochschule 1936, bei dem 6 politisch unbequeme junge Wissenschaftler aus verschiedenen Ländern entlassen und verfolgt wurden. Zur Erinnerung an diesen Willkürakt kamen zur Setzung der Stolpersteine Angehörige aus allen sechs betroffenen Familien von weither nach Darmstadt.

Für 168 Menschen, die, wie mehrere hundert andere Darmstädter, Opfer von Verfolgung, Deportation und Vernichtung wurden, sind in Darmstadt bis jetzt Stolpersteine verlegt. Mit großer Zustimmung der Stadtspitze und Unterstützung mehrerer Ämter der Stadtverwaltung Darmstadt begann die Aktion 2005 in Darmstadt. Es gründete sich ein Arbeitskreis, der mit Hilfe von Archiven und Bibliotheken sowie dem Kulturamt der Wissenschaftsstadt (Kontakt: Bernhard Baum, Telefon 06151-13 33 36 oder E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. ) weiter an der Freilegung der oft verschütteten biografischen Daten von Opfern arbeitet, Spenden organisiert und für die Verlegung weitere Stolpersteine wirbt. Das Zusammentragen geschichtlicher Zeugnisse, wie Briefe, Tagebücher, Fotos, auch anhand von Meldebögen und Adressbüchern macht die Recherchearbeiten des Arbeitskreises schwierig und spannend zugleich. Es besteht die Möglichkeit, dort mitzuarbeiten oder für 120 Euro Pate eines weiteren Mahnsteins zu werden. Gedenkorte bestehender Stolpersteine können auf dem interaktiven Stadtplan auf der Homepage www.cityguide-darmstadt.de (Suchbegriff „Stolpersteine“) nachgesehen werden.

Am 22. März 2012 werden in Darmstadt zwischen 14 Uhr (Beginn Marktplatz) und 16:30 Uhr im Zentrum von Darmstadt 16 weitere Stolpersteine in die Bürgersteige vor einigen Häusern verlegt. Sie sollen erinnern an die Menschen, die dort wohnten und unter der Nazi-Herrschaft verfolgt wurden und ums Leben kamen.
Einige Besucher des Vortrags und anwesende Programmverantwortliche der Aka zeigten in der Diskussion starkes Interesse an der Weiterführung des Themas und luden Frau Rützel dazu ein.
wsw