„Neue Wilde“ wurden in den 1980er Jahren jene Maler genannt, die mit wildem Pinselstrich das umsetzten, was aus der Punkmusikszene kam, die aus den USA und England nach Deutschland überschwappte. Eine große Auswahl dieser Bilder besitzt das Hessische Landesmuseum,... das ja leider schon einige Jahre wegen Renovierung geschlossen ist und vor Ende des nächsten Jahres auch nicht wieder eröffnet wird. Solange bleiben die Schätze weggesperrt. Allerdings nicht alle! Die Bilder der Sammlung „Tiefe Blicke“ können seit kurzem wieder besichtigt werden, und zwar in der Kunsthalle am Steubenplatz. Dessen Leiter, Dr. Peter Joch und der Oberkustos des HLM, Dr. Klaus-D. Pohl taten sich zusammen und entwickelten die Ausstellung „Schlachtpunk“.
Nur für Aka-Mitglieder bot Dr. Pohl am 14. März einen Rundgang an und erklärte anhand der Bilder auch den Zeitgeist jener Epoche (die wir ja wohl alle noch ganz gut im Gedächtnis haben). Viele Maler dieser Zeit machten auch nebenbei Musik und spielten in Bands. Es ging um Provokation, Destruktion und überhaupt das Zerschmettern gesellschaftlicher Werte. Drum herum übernahm auch die Mode Elemente dieser Bewegung – Vivienne Westwood beispielsweise. Ein aggressives Outfit war angesagt, Piercing eingeschlossen. Nicht alles war ernst gemeint, viel Ironie und Persiflage schwang mit. Hauptstädte der Punkbewegung waren Berlin, Düsseldorf, Köln und Hamburg.
Vorbilder der „Jungen Wilden“ waren die Maler des Expressionismus. Während die Musiker dieser Richtung drauf aus waren, möglichst wenig Harmonisches zu präsentieren, bemühten sich die Maler, Proportionen zu zerstören.
Der bekannteste von ihnen ist Martin Kippenberger. In seinem Bild „Kein Capri bei Nacht“ spielt er mit dem Begriff des damals begehrten Autos, das in einer Schneelandschaft versinkt. Der Titel erinnert an Margrittes Gemälde „Dies ist keine Pfeife“, der Maler spielt quasi ironisch mit der Kunstgeschichte.
Eines der schockierendsten Bilder ist Blalla W. Halemanns „Ihr dort oben, wir hier unten“, mit dem gekreuzigten Christus in der Mitte – hier startet der Maler einen Frontalangriff auf die Kirche und die herrschenden politischen Kreise und weist auf soziale Ungerechtigkeiten hin.
Es gibt auch komische Momente, etwa in Peter Angermanns „Großes Froschbild“. Dort präsentieren sich zwei Frösche wie in einer Peepshow.
Es gibt viel zu entdecken in dieser Ausstellung, die noch bis zum 29.4. geöffnet ist.
18 Künstlerinnen und Künstler präsentieren ihre Visionen der achtziger Jahre. Übrigens bietet unsere Fachbereichsleiterin für Kunst, Elke Glenewinkel (die auch in der Kunsthalle aktiv ist) am 1. April um 11.30 Uhr eine öffentliche Führung an. Prädikat: sehr empfehlenswert.
H.B.