Die Eisheilige machte ihrem Namen alle Ehre. Es blieb kalt und regnerisch – Aprilwetter Mitte Mai.

Die Elisabethkirche war unsere erste Station. Elisabeth, die im Alter von 20 Jahren nach demTod ihres auf einem Kreuzzug verstorbenen Mannes Ludwig IV von Thüringen die Wartburg verließ, stellte ihr Leben in Marburg in den Dienst der Armen und Kranken. Nach ihrem frühen Tod setzten Pilgerfahrten zu ihrem Grab ein. Über ihrem Grab erfolgte die Grundsteinlegung der gotischen Hallenkirche, die in 50 Jahren erbaut wurde und im Mittelalter eine bedeutende Wallfahrtskirche war. Im Jahre 1234 siedelt hier ihr Schwager Konrad den Deutschen Orden als Hüter ihrer Grabstätte an. Die farbigen Glasfenster zeigen das Leben der Hl. Elisabeth und der Barmherzigkeit. Sehenswert ist auch der goldene Elisabethschrein, ein mit Kupfer und Silber vergoldeter Eichenholzkern, der zur Aufnahme ihrer Gebeine geschaffen wurde, heute aber leer ist, weil im Laufe der Jahrhunderte immer wieder Reliquien entnommen wurden. Im Landgrafenchor befindet sich die Grabstätte der Hessischen Landgrafen.

Unsere zweite Station - die Marburger Altstadt - erreichten wir über den Steinweg, der die erste gepflasterte Verbindung zwischen der Altstadt und den ehemaligen Besitzungen des Deutschen Ordens im Tal war. Durch reizvolle Gassen vorbei an sanierten Fachwerkhäusern erreichten wir die Reitgasse: in der Elwertschen Buchhandlung stiegen wir in ein Kellergewölbe hinab, betrachteten den Kilian - einst die älteste Kirche ohne Turm und seit 500 Jahren keine Kirche mehr, gingen durch die Hofstatt - eine der ältesten Teile der Stadt. Im 13. Jahrhundert entstand hier der erste landgräfliche Verwaltungshof. Hier lebten die Steuereintreiber der Landgrafen in größeren Gebäuden mit prächtigen Fassaden. Danach erreichten wir den Marktplatz mit dem historischen Rathaus. Zur vollen Stunde kann man den Gockel oben auf der Rathausuhr beobachten. Wo heute Geschäfte und kleine Lokale sind, wohnten früher Menschen wie Luther und die Brüder Grimm. In vier verschiedenen Lokalen rund um den Marktplatz verbrachten wir unsere wohlverdiente Mittagspause. Alle Teilnehmer waren mit dem Angebot der Gastronomie zufrieden.

Der Aufstieg zum Landgrafenschloss - unserer dritten Station - gestaltete sich ungemütlich, denn es begann zu regnen und zu stürmen, aber wir erreichten unser Ziel schnell und unbeschadet. Das Landgrafenschloss gehört zu den eindruckvollsten Bauwerken in der Stadt. Es wurde als Burg im 11. Jahrhundert angelegt und war Residenz und Stammsitz der Landgrafen von Hessen. Der große Fürstensaal ist der bedeutendste Raum des Schlosses. Heute finden in diesem Saal kulturelle Veranstaltungen statt. Vom Fürstensaal gelangt man durch eine hölzerne mit Intarsien verzierte Renaissance-Prunktür in den Frauenbau. Dort sieht man durch Fenster im Fußboden die Stützmauern und Reste der alten Burganlage. Unter Landgraf Philipp dem Großmütigen, der hier die Reformation einführte und die erste nach ihm benannte Universität gründete, fand 1529 im Schloss das Marburger Religionsgespräch zwischen Luther, Zwingli und weiteren Theologen statt. Daran erinnert ein Gemälde im Frauenbau. In einem Untergeschoss des Schlosses, das heute Museum ist, betrachteten wir viele Ausstellungsstücke aus der Elisabethkirche, darunter Lettnerfiguren, Fensterbilder und die Schutzhülle des Elisabethschreins. Es waren Ritterschilde aus des 13. und 14. Jahrhunderts und ein Wandteppich mit dem Gleichnis vom verlorenen Sohn ausgestellt. Zum Abschluss wurden einigen Teilnehmerinnen Hauben aufgesetzt, die die verheirateten Frauen der Oberschicht seit Mitte des 13. Jahrhunderts trugen. Ein Teilnehmer präsentierte interessante männliche Kopfbedeckungen.Nun hatten wir uns Kaffee und Kuchen im Café Vetter verdient - ein Muss bei einem Besuch in Marburg. Auf dem Weg zum Bahnhof konnten wir noch einen Blick in die Universitätskirche und die Aula der Alten Universität werfen. Um 20.25 Uhr waren wir wieder in Darmstadt mit vielen Eindrücken aus der interessanten Universitätsstadt Marburg.
Gerti Wilbrandt