Dem kurzen Wahn eines vermuteten „Gesundheitsbrunnens“ und der Liebe des Erbprinzen Ludwig verdanken wir den herrlichen Landschafts-Park „Fürstenlager“ bei Bensheim-Auerbach. Man hat das Gefühl, dort jeden Moment einem Mitglied der adeligen Familie zu begegnen. Karl-Eugen Schlapp zeigte den Aka-Mitgliedern die offen sichtbaren, aber auch versteckte Orte fürstlicher Lustbarkeit - gewürzt mit allerlei Histörchen und literarischen Anmerkungen.
Herr Schlapp führte uns auf der Höhe nördlich und südlich um den Taleinschnitt herum, das der Roßbach(Auerbachs „Darmbach“) im Laufe der Jahrtausende geschaffen hat. Dem Auge gab es unterwegs immer wieder neue Blicke auf natürliche und von Menschen geschaffene Kleinode. Der Gesundheitsbrunnen, durch den der erkrankte Erbprinz Heilung fand, ist heute nahezu versiegt; das in Stein gefasstes Rondell drumherum wird neuerdings zum Erholungsort des Geistes: es wird als Freilufttheater genutzt.
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Der Erbprinz, der später der mächtige Großherzog Ludewig I. werden sollte, machte aus dem von ihm sehr geliebten Flecken Ende des 18. Jahrhunderts seine Sommerresidenz, in die er sich nur zu gerne zurück zog. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Luise ließ er Herrenhaus, Kavalleriebau, Prinzen- und Damenbau, Fremdenbau, Waschhaus, Wachhaus u.a. errichten, sodass das ganze Ensemble schließlich das „Dörfchen“ hieß. Zu Hoch-Zeiten reisten knapp 100 Personen aus Darmstadt an, um hier Monate zu verweilen - knapp 15 Personen gehörten zur „Herrschaft“ , der Rest war nur „zu Diensten“.
Je nach Lust und Laune konnte man damals - und so auch wir - durch Pappel-Alleen zum Champignonberg aufsteigen, an alten steinernen Tischen rasten und über die alte Weinberg-Lage zur Rheinebene blicken. Die künstliche Grotte mit Kristallausschmückung muss ein gar „liebliches“ Versteck gewesen sein. Denkmäler wie das für Friederike Charlotte oder der Freundschaftsaltar waren Anlass, sich von Herrn Schlapp die weit verzweigte Fürstenfamilie (plus Mätressen) vor Augen zu führen. Die Eremitage als stiller Rückzugsort, der Rundtempel an exponierter Stelle in der Parkanlage, die Ludwigseiche mit Blick auf die Starkenburg: jeder Ort hat seinen eigenen Reiz. Die Kunst der ehemaligen Parkplaner lag auch darin, dass der verspielte barocke Park englischen Zuschnitts an seinen Grenzen quasi nahtlos in normale Wiesen, Nutzwald und Weinberge übergeht - von Mauern und Zäunen keine Spur.
Der Abstieg zum Herrenhaus führte uns am vermutlich ältesten und höchsten Mammutbaum Deutschlands vorbei, ein Blickfang unter allen vorhandenen exotischen Bäumen.
Ein Abschluss auf der Terrasse des Herrenbaus (jetzt Hotel-Restaurant) durfte nicht fehlen. Die (heutige) Dienerschaft war eifrigst bemüht, unserem Besuch mittels Eiskaffee o.ä. das passende Sahnehäubchen zu verpassen. Einige der Teilnehmer waren von den Innenräumen des Herrenhauses so angetan, das sie schon von Familienfeiern in dieser Umgebung träumen.
Es ist verwunderlich, dass die Nachfolger von Ludewig I. diese Residenz kaum noch nutzten. Umso erstaunlicher und erfreulicher für uns Nachfahren ist es, dass das Fürstenlager erhalten blieb, dass es gehegt und gepflegt wird und jedem jederzeit offen steht. - kpr -
Bilder: Helmut Eigenbrodt
Lesen Sie auch den ausführlichen Bericht von Karl-Eugen Schlapp:
Das Fürstenlager bei Auerbach - Die Sommerresidenz des Darmstädter Hofes