lauschen dem lektor
still silben deklamieren
HAIKU lebt auf

Formal ist dies ein HAIKU, aber sicher kein gut gelungenes Produkt des Protokollanten. Was ein HAIKU ausmacht und wie es entstand, lernten drei gelehrige Aka-Schüler am 6. November von ihrem Lehrer und bekennenden HAIKU-Fan Peter Gooß. 

Warum ist HAIKU zwar weltweit verbreitet, aber bei Aka-Mitgliedern wenig beachtet? Liegt es an den fehlenden Reimen, der minimalistischen Form, genereller Lyrikabneigung, Unwissenheit? Egal: wir sind jetzt ein bisschen schlauer.

HAIKU ist Jahrhunderte alt und hatte seine Glanzzeit im 17. und 18 Jahrhundert. Das Gedicht ist so minimalistisch wie die Wohnverhältnisse im damaligen Feudalstaat Japan. Im japanischen Original bilden17 Laute die einheitliche Basis, im westlichen Sprachraum werden stattdessen die Silben gezählt. 3 Zeilen mit (in der Regel) 5 - 7 - 5 Silben bilden das formale Gerüst, aber auch weniger Silben sind möglich. Der Grund: 17 japanische Laute sind in etwa 10 - 14 Silben deutscher Silben.

Die wenigen sonstigen Regeln haben sich im Laufe der Zeit leicht gewandelt, sie seien hier aufgezählt:

  • der HAIKU-Text ist stark der Natur zugewandt, ganz konkret und Gegenwarts-bezogen
  • der Text ist nicht abgeschlossen; der Leser soll es durch eigenes Erleben vervollständigen
  • Gefühl (Subjektives) wird nicht ausgedrückt; sie erschließen sich aus dem Zusammenhang
  • HAIKU enthält kaum Satzzeichen, ist leicht und eher heiter, aber nicht banal
  • der Sprachduktus hat einen Rhythmus, aber kaum Vers oder Reimform
  • der Autor tritt hinter seiner Gedichtaussage zurück (nicht zu künstlich formulieren)
  • in der letzten Zeile ist ein Impuls (Überraschungsmoment) für den Leser enthalten

Was führte den vortragenden Peter Gooß zu dieser Lyrikform? Einmal damit in Berührung gekommen und sogleich fasziniert las er immer mehr Literatur darüber. Parallel hielt er auf Spaziergängen Naturbeobachtungen in Stichworten fest und brachte sie zu Hause in die HAIKU-Form. Schon lange kann er nicht mehr davon lassen. Den jüngsten Hiddensee-Urlaub hat er in einer ganzen HAIKU-Ansammlung quasi im Kurztext beschrieben, statt ihn fotografisch festzuhalten. Ein Beispiel? Bitte schön:

Zehn Inseltage
Urlaub bei Sonne und Wind
zum Adieu Hagel

Wir HAIKU-Schüler tauchten in eine neue Welt von Lyrik ein. Die ausgelegten Bücher zeigten eine Vielfalt, die man der Kürze des Textes nicht zugetraut hätte: es wurde geschmunzelt, gerätselt. Wir werden uns jetzt auch in dieser Kunst versuchen oder sie uns zumindest zu Gemüte führen.

Zum Abschluss noch ein klassisches Beispiel (17. Jahrhundert) in der Übersetzung:

Ein bewölkter Tag
statt der Sonne leuchten heut
Kirschenblüten nur

kpr