Oppenheim steckt , sowohl ober- wie unterirdisch, voller Überraschungen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des von Maria Arnoldt perfekt organisierten Ausflugs in das Weinstädtchen am Rhein hatten ihre Freude an den zwei kabarettreifen Führern, die ihnen anekdotenreich die Geschichte der einstmals so bedeutenden Stadt nahebrachten.

Hier hat Heinrich IV. bei seinem Gang nach Canossa Zwischenrast gemacht, Martin Luther vielleicht sein Lied „Eine feste Burg ist unser Gott“ geschrieben und Albert Schweitzer auf der Orgel der Katharinenkirche gespielt.

oppenheim2 pepBei stimmungsaufhellendem Frühlingssonnenschein erlebte die Gruppe zudem noch eine Krötenwanderung der besonderen Art: Die Kröte, mal aus Stein, mal aus Metall, taucht im Stadtbild immer wieder auf, am schönsten an einem Brunnen, an dem man – vergleichbar dem Darmstädter Datterichbrunnen – die Glieder der Tiere verdrehen kann. Das Maskottchen der Oppenheimer geht auf den beliebten Wein „Oppenheimer Krötenbrunnen“ zurück, einen überörtlichen Großlageverschnitt.

Volker Gillot, Erbe der ältesten Sektkellerei am Ort, führte die Darmstädter in seinen unterirdischen Eiskeller – 120 Meter lang, 40 Meter unter dem Berg - und köpfte für sie in schummeriger Dunkelheit eine Flasche Noir-de-Noir-Sekt.oppenheim3 pep Einen besseren Ort, um von der Entstehung der Oppenheimer Unterwelt zu erzählen, hätte er nicht finden können. Bei 9 Grad Celsius erklärte er, wie die zahlreichen unterirdischen Tunnel entstanden sind. Die Stadt, reich geworden durch die Zollabgaben der Rheinschiffer, konnte sich nur noch innerhalb ihrer Mauern ausdehnen. Da dafür bald der Platz fehlte, wurde ein Keller- und Tunnelsystem angelegt, das nur teilweise erschlossen ist und 30 Kilometer lang sein soll.  Die unterirdischen Gänge dienten als Waren- und Weinlager, boten in Kriegszeiten aber auch Menschen und Tieren vorübergehenden Unterschlupf.

Volker Gillot hat selbst einige Tunnelabschnitte, die zu seinem Besitztum gehören, von Schutt und Füllmaterial befreit und dabei nicht nur Tier-, sondern auch Fragmente von Menschenknochen gefunden. Er stieß auch auf literarische Belege für die Vermutung, dass in den Notzeiten Oppenheims auch Kannibalismus verbreitet war. Die Stadt wurde nicht nur während des Dreißigjährigen Krieges von Soldaten heimgesucht, sondern auch 1689, als Sonnenkönig Ludwig XIV die Pfalz zerstören ließ. „Die Not, die damals herrschte, können wir heute nicht mehr nachvollziehen“, sagte er. „Zivilisation ist dünnstes Eis“. In die Keller waren während des Zweiten Weltkriegs auch Kostbarkeiten des Hessischen Landesmuseums Darmstadt ausgelagert worden.

Küster Richard Betcher verstand es, die Aka-Gruppe mit seiner Liebe und Begeisterung für die evangelische Katharinenkirche mit den 750 Jahre alten, aus 50.000 kleinen bunten Scheibchen bestehenden Kirchenfenstern anzustecken. Die kleine romanische Basilika von 1220 war zu einer Schutzkirche mit 2,5 Meter dicken Mauern umgebaut worden. 1317 hatte Oppenheim 2000 Einwohner, aber 300 Priester. Die Schaufassade der Kirche in Richtung Rhein sollte Reisenden schon von weitem die Bedeutung der Freien Reichsstadt (ab 1225) signalisieren. Vier Kirchen sind durch mehrere Umbauten nun in einer zusammengefasst. Die Katharinenkirche gilt als eine der am besten restaurierten gotischen Kirchen des Landes. Und mit noch einem Superlativ konnte Betcher aufwarten: Das Beinhaus neben der Kirche ist eines der größten Deutschlands. Hier wurden 1400 bis 1730 die Knochen von 20.000 Oppenheimer Bürgern gestapelt, weil auf dem Friedhof Platz für Verstorbene geschaffen werden musste.

Bei diesem informativen Ausflug gab es jedoch auch entspannende Momente: beim Spaziergang auf die Burgruine, von der aus Besucher einen prächtigen Ausblick haben, und beim Grüne-Soße-Essen im Restaurant Gillot, das von der Frau des Fremdenführers geleitet wird. So schließt sich der Kreis.

pep