dr steinmetz„Der Traum vom guten Schlaf“ war der Titel des Mediziner-Vortrags am 12.Juni 2013 und der Saal war voll besetzt. Der Schlaf, so der Pneumologe und Facharzt für Schlaf- und Umweltmedizin Dr. Karl Steinmetz, ist eine komplexe Angelegenheit, die sich bis heute der vollständigen Erklärung entzieht. Unser Organismus ist auf einen Rhythmus eingestellt, der in etwa dem Tagesrhythmus (22-25 Stunden) entspricht.

Natürlicher Zeitgeber für Aktivität und Ruhe sind äußere Reize wie Helligkeit und Dunkelheit, aber z.B. auch Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Höhlenversuche, des Franzosen Michael Siffre, haben gezeigt, dass auch unter Ausschluss von Licht ein Zyklus von 25 Stunden eingehalten wird. Der Mensch hat also eine „innere Uhr“, die seine Körperfunktionen bestimmt.

Schlaf läuft strukturiert in Schlafphasen ab; anhand der Hirnströme, die im Schlaflabor mit dem EEG gemessen werden, kann man feststellen, in welchem Stadium sich der Schlafende befindet. Man unterscheidet zwischen dem traumlosen tiefen Nachtschlaf bei dem Blutdruck und Körpertemperatur sinken, und dem REM-Schlaf, auch paradoxer Schlaf genannt. Während des REM-Schlafs, der in der Regel in den späten Schlafphasen auftritt, bewegen sich die Augen schnell (Rapid Eye Movement), der Blutdruck steigt an, der Sauerstoffverbrauch ist erhöht. Es sind die Phasen, in denen wir träumen. Ein niedriger Muskeltonus hindert uns daran, die Träume in Aktionen umzusetzen.

Alle Tiere schlafen. Selbst Delphine, die im Wasser ständig in Bewegung sind und als Säugetiere ihre Atmung aufrechterhalten müssen, verzichten nicht auf Schlaf. Sie haben eine Sonderform entwickelt und schlafen jeweils nur mit einer Hirnhälfte.
Warum wir schlafen ist – so Steinmetz – nicht vollständig geklärt. Wichtig ist der Schlaf für die Regeneration des Körpers, den Stoffwechsel, das Immunsystem, den Lern- und Gedächtnisprozess, die Kreativität, aber auch dafür, vergessen zu können.

Die Schlaflosigkeit, an der viele – vor allem ältere – Menschen leiden, kann ganz unterschiedliche Ursachen haben. Schlafapnoe, das Aussetzen des Atmens im Schlaf, führt dazu, dass Betroffene nachts häufig „aufwachen“, ohne es zu bemerken. Ihr Schlaf ist wenig erholsam und sie sind tagsüber von Müdigkeit geplagt (Hypersomnie). Mangelnde Leistungsfähigkeit und Unfallgefahr sind die Folgen.   

Nicht immer handelt es sich um behandlungsbedürftige Schlaflosigkeit (Insomnie), wenn ältere Menschen darüber klagen, dass sie schlecht einschlafen, nachts öfter wach werden, morgens sehr früh schon wach sind. Das Schlafbedürfnis variiert von Mensch zu Mensch und beträgt im Alter oft nicht mehr als 6 Stunden, Wer also um 10 Uhr ins Bett geht, kann um 4 Uhr in der Früh bereits ausgeschlafen sein – insbesondere, wenn noch ein Mittagsschlaf hinzukommt.

Vorübergehende Insomnie kennt fast jeder. Ursache dafür, dass man nachts wach im Bett liegt, können Stresssituationen sein. Der Ärger oder die Verzweiflung darüber, dass man nicht einschlafen kann, vertreibt dann den Schlaf endgültig. Wäre man in der Lage, so Steinmetz, das Nicht-Einschlafen-können oder das Aufwachen in der Nacht nicht als Problem zu sehen, würde man wahrscheinlich bald wieder einschlafen.

Etwa 10% der Bevölkerung leiden unter chronischer Insomnie. Untersuchungen im Schlaflabor und eine genaue Erhebung der Lebensumstände dienen dazu, die Ursache der Schlafstörung herauszufinden. Oft sind es sekundäre Faktoren wie eine körperliche oder psychische Erkrankung, Einnahme von Medikamenten, soziale Faktoren oder Umweltfaktoren wie Lärm oder Licht, die das Schlafen verhindern. Mit verhaltenstherapeutischen Behandlungsansätzen hat man hier gute Erfahrungen gemacht. Da das Ziel einer Behandlung das Wiederherstellen eines natürlichen Schlafrhythmus ist, sollten Medikamente nur im Notfall verordnet und wegen der Suchtgefahr nur vorübergehend genommen werden.

Was kann man tun, um gute Schlafbedingungen herzustellen? Regelmäßige Wachzeiten, Entspannung in den Stunden vor dem Schlafengehen, eine ruhige, kühle (12-15C) Schlafumgebung, Zurückhaltung bei Nikotin, Koffein und Alkohol vor dem Schlafengehen, möglichst kein Mittagsschlaf und wenn man nachts wach wird nicht auf die Uhr schauen …

Wer aber trotz des Mittagschlafs oder trotz des Espressos am Abend gut schläft, für den gibt es keinen Grund seine Gewohnheiten zu ändern.

marwen