Auch vor mehr als 2000 Jahren hatten die Menschen Probleme mit dem Altwerden.
Das wurde den Zuhören klar, die sich am 17.Juni im angenehm kühlen Vortragsraum des Wohnparks Kranichstein eingefunden hatten, um den Vortrag von Dieter Heymann über Marcus Tillius Cicero (106-43 v.Chr.) zu hören. Im Mittelpunkt stand die kleine Schrift „Cato Major de Senectute“, zu Deutsch: „Cato der Ältere über das Alter“, in der Cicero seine Gedanken dem römischen Feldherrn Cato in den Mund legt.
Cicero war, so Heymann, ein begeisterter Anhänger der griechischen Philosophie, die es als ihre Aufgabe sah, den Menschen Orientierungshilfen für ihr Leben zu geben. Mit seiner genialen Rednergabe versuchte Cicero diese Gedanken in Rom zu verbreiten.
Im Grunde ist das schmale Bändchen eine Verteidigungsschrift gegen „vier Gründe, warum das Alter elend erscheint“.
Dem „Zwang zur Untätigkeit“ setzt Cicero altersgerechte Tätigkeiten im politischen, künstlerischen oder erzieherischen Bereich entgegen, die auszuüben es weniger der Kraft der Muskeln als der des Geistes und der Erfahrung bedarf.
Akzeptiert man die Grenzen, die uns das „Schwinden der körperlichen Kräfte“ im Alter auferlegt, so spart man, laut Cicero, Kraft und Energie, die dafür verwendet werden kann, die Kräfte des Geistes zu mehren.
Auch den „Verlust vieler Freuden und Gelüste“ kann verschmerzt werden, sind doch die Freuden des Geistes sowieso höher zu schätzen. Lust wird als Gegenspieler der Vernunft gesehen. Die Menschheit wäre wahrscheinlich ausgestorben, so merkte Heymann an, hätte sie sich von der Vehemenz beeinflussen lassen, mit der so mancher antike Philosoph die Lust verdammte.
Ein weiterer Grund, „warum das Alter elend erscheint“ ist nach Cicero die Nähe des Todes. Doch nicht nur im Alter ist der Tod dem Menschen nahe. Schon Sokrates empfiehlt den Menschen so zu leben, als ob der gegenwärtige Augenblick der erste, aber auch der letzte sei. Eine weitere Möglichkeit, der Angst vor dem Tod zu entgehen, ist der Glaube an eine unsterbliche Seele, die in einer angenehmen Umgebung weiterlebt.
Wer ein sinnerfülltes Alter haben möchte, muss, so Cicero, allerdings früh anfangen, etwas dafür zu tun. Dann kann man im Idealfall im Alter die Früchte eines gut gelebten Lebens ernten.
Vor mehr als 2000 Jahren geschrieben, sind Ciceros Gedanken über das Alter, so Heymann, auch heute aktuell. Und so mancher Hinweis, den man seiner Schrift entnehmen kann, könnte aus der modernen Ratgeberliteratur stammen. Geht es doch auch in dieser darum, dass der älter werdende Mensch seine geistigen Fähigkeiten schult, „in Bewegung bleibt“, eine positive Einstellung zum Älterwerden gewinnt.
marwen