Trotz dieser schlichten Ankündigung im Programm fanden 25 Zuhörer/innen zu dem vormittäglichen Vortrag von Helga Bastian. Ihre lebenslange Begeisterung für den Dichter und die Region des damaligen Preußens war von Anfang an spürbar und ließ besonders bei den Rezitationen der bekanntesten Gedichte das Zuhören für die anwesenden Literaturfreunde zum Erlebnis werden.


Die Gedichte waren so geschickt in die Biografie Fontanes eingefügt und als Höhepunkte rhetorisch fein herausgehoben, dass sich der Szenenbeifall, z. B. nach „John Maynard! Wer ist John Maynard!“ spontan einstellte. Frau Bastian (89) hatte die Lebensdaten Fontanes exakt nach der Zeitabfolge geordnet, was sehr zur Übersicht verhalf, aber nie den Hauch einer Monotonie aufkommen ließ.

 

In Neuruppin, Mark Brandenburg, in der ‚Löwenapotheke’ kam Fontane am 30. 12. 1819 zur Welt. Nach Vorbild und Wunsch des Vaters lernte der hochsensible, etwas mimosenhafte Junge den Beruf des Apothekers, verdingte sich aber nebenbei als Privatlehrer, studierte menschliche Charaktere und begann Gedichte zu schreiben. 1840 überreichte er seiner Mutter zum Geburtstag sein erstes Bändchen mit 43 Gedichten, die er ihr gewidmet hatte. Schon damals fand man ihn oft in einer Konditorei, wo er mit Literaturzeitschriften und anderen „Künstlern“ in Berührung kam. Berufliche Wechsel als Apotheker führten ihn u. a. nach Leipzig, wo es Clubs und Vereine von Schreibenden gab, unter die sich Fontane gern in seiner Freizeit mischte. Dort wurden seine ersten Gedichte auch besprochen, was dem jungen Poeten weiter mächtig Auftrieb gab. Der freiwillige einjährige Militärdienst 1844 verstärkte sein Bewusstsein als Preuße gewaltig, was sich natürlich auch literarisch niederschlug. Er schrieb für Zeitungen und ging als Korrespondent auf Zeit nach London. Intensive Briefwechsel mit seiner Verlobten Emilie belegen die innige Beziehung. Der Ausstieg vom Apothekerberuf führte zunächst in finanzielle Schwierigkeiten, zumal er 1850 seine lange, tiefe und oft poetisch beschriebene Liebe Emilie geheiratet hatte und die Familie fast in Jahresabständen anwuchs.

Aber Fontane war enorm fleißig. Seine engagierten Theater- und Kunstkritiken in der „Vossischen Zeitung“ machten ihn schließlich so bekannt, dass er 1856 zum Preußischen Staatskorrespondenten aufstieg und fortan über ein ausreichendes Einkommen verfügte. Im Zuge der Veröffentlichung seiner Kriegsbücher 1864 – 66 wurde er in London verhaftet und es bedurfte des diplomatischen Eingreifens von Otto von Bismarck, um ihn wieder zu befreien.

Über dreißig Jahre hat Fontane die Gebirge und Landschaften seiner Heimat durchwandert. Die dabei entstandenen Reise- und Wanderberichte „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ verherrlichen nicht nur seine Heimat, sondern wirken auch stilbildend in der deutschen Literatur. Erst im reifen Alter beginnt Fontane 1878 mit dem Schreiben von Novellen und Romanen, die ihm (späten) Weltruhm beschert haben (z. B. Frau Jenny Treibel, 1891; Effi Briest, 1894; Stechlin, 1897).
1898 starb Fontane einen plötzlichen, aber friedlichen Tod im Beisein seiner einzigen Tochter Martha.

wsw