Der Herr des „Gemischtwarenladens“ beim Darmstädter Echo, Herr Johannes Breckner, verstand es meisterlich, die schwierige Arbeit eines Kritikers am Theater zu schildern.
Gemeinhin versteht man unter dem Begriff "kritisieren" eine eher abfällige Bewertung. Das ist jedoch falsch! Das Ergebnis kann durchaus positiv sein.
So braucht ein Schauspieler die Kritik nicht zu fürchten, wenn er im Auge des Betrachters = Rezensenten gute Arbeit geleistet hat.
Der muss „die Kunst der Beurteilung“ beherrschen, sowie die Fähigkeit besitzen, dem Zuschauer die innere Vorstellung des Stückes zu ermöglichen. Das heißt, sein Text ist zum einen Wiedergabe des Inhalts, zum anderen Auswertung des Dargebotenen. Wobei, wie Herr Breckner auf Nachfrage zugab, auch er nicht ganz frei von Sympathie und Abneigung sein könne – menschlich eben!
„Der Kritiker ist nicht der verlängerte Arm des Dramaturgen!“, betonte der Referent, er gehört nicht zu den Theaterleuten und unterscheidet sich vom Publikum, von dem er doch ein Teil ist, dadurch, dass er seine Eindrücke öffentlich macht und begründen muss. Dazu braucht er viel Erfahrung, Sachverstand und Informationen.
Wer sind die Nutznießer dieser Arbeit?
- Es gibt die „Vorher-Leser“, die sich auf eine Vorstellung vorbereiten wollen, (sich aber dadurch der Gefahr aussetzen, beeinflusst zu werden –so oder so, meinte eine Zuhörerin).
- Da sind die „Nachher-Leser“, die es interessiert, in wieweit die Kritik mit ihrem persönlichen Erlebnis übereinstimmt und unter Umständen ein Aha-Erlebnis erzeugt.
- Eine dritte Gruppe will sich einfach nur informieren, was angeboten wird: ein Theaterbesuch light, auch wenn die Spielstätten schwer erreichbar sind. Oft ist die Lektüre höchst vergnüglich, je mehr Medien in Anspruch genommen werden und Verriss und Lobeshymnen wetteifern.
Welchen Nutzen haben die Kritiker für die Theater? Sind sie Läuse im Pelz der Kulturbetriebe?
Nicht umsonst werden in der Pressestelle eines Theaters täglich mindestens die Rezensionen aller deutschsprachigen Medien gesammelt und ausgewertet. „Ich persönlich kann ein Theater nicht voll oder leer schreiben!“, sagte Herr Breckner. Aber die Summe aller Bewertungen gibt ein Bild über den „Marktwert“ einer Bühne.
Wie man gerade besonders gut in Darmstadt beobachten kann, ist ein großes Theater ein umtriebiges Gebilde, nicht nur durch die Vielfalt der Aufführungen, sondern auch in der Struktur dieses Unternehmens. Geht der Intendant, „werden“ viele Angestellte auch „gegangen“, wechselt ein Dramaturg, nimmt er möglicherweise seine bevorzugten Schauspieler mit, der Neue hat dann sein eigenes Gefolge.
Theaterverträge sind kurzzeitig und man tut gut daran, sich nicht in einen besonders hübschen (und begabten) Romeo, Tellheim oder Carlos zu verlieben. Irgendwann wird er gehen!
PS: Für die Emanzipierten unter uns: Es gibt natürlich auch Kritikerinnen, Schauspielerinnen…
mika