10 mal 10 cm große pflastersteinartige Blöcke, die mit einer Messingtafel versehen sind, in die der Künstler wichtige Daten aus dem Leben der Opfer des Naziterrors eingraviert: Stolpersteine. Sie finden sich in Gehwege eingesetzt auch vor Wohnhäusern in Bessungen, in Straßen, durch die viele von uns täglich gehen.
Der Künstler Gunter Demnig aus Köln möchte seit den 90iger Jahren damit die Erinnerung wachhalten an die Menschen, die einst in den Häusern wohnten und während der nationalsozialistischen Terrorherrschaft verfolgt, vertrieben und vernichtet wurden. „Auf den Stolpersteinen bekommt das Opfer seinen Namen wieder, jedes Opfer erhält seinen eigenen Stein – seine Identität und sein Schicksal sind, soweit bekannt, ablesbar.“ (Gunter Demnig)
Frau Michaela Rützel vom Arbeitskreis Stolpersteine in Darmstadt ließ die Erinnerung an die jüdischen Menschen, die einst hier lebten und arbeiteten, lebendig werden. Kompetent und einfühlsam, mit Kopf und Herz begleitete sie den Gang durch Straßen in Bessungen und berichtete von ihren teilweise schwierigen Recherchen der biografischen Daten der Opfer.
Wegen Nichtigkeiten und mit fadenscheinigen Begründungen wurden schon ab 1933 jüdische Bürgerinnen und Bürger verhaftet und ins Gestapogefängnis in der Runde-Turm-Straße gebracht. Die Menschen wurden gedemütigt und entrechtet.
Die traurige Schlüsselrolle Darmstadts zeigte sich auch in der bürokratischen Genauigkeit – vor allem in der Grausamkeit – mit der die drei großen Deportationen 1942 durchgeführt wurden. Vor den Augen der Bevölkerung wurden die Menschen bei der ersten großen Deportation im März 1942 von der Justus-Liebig-Schule (Sammellager) zum Güterbahnhof durch die Straßen getrieben. Bei diesem Transport nach Piaski(Polen) waren 164 Menschen aus Darmstadt, keiner überlebte. Der zweite Transport führte nach Theresienstadt (188 Deportierte aus Darmstadt). Der dritte Transport im September ging direkt in das Vernichtungslager Auschwitz.
1933 lebten in Darmstadt etwa 1500 Juden, bis 1938 emigrierten etwa 500, weitere 500 entkamen bis zur Vernichtung auf irgendeine Weise, über 400 wurden deportiert und starben in Vernichtungslagern.
Für die Nazis herrschte bei der Vertreibung der Grundsatz: Besitz kassieren und bereichern. In der Eschollbrücker Straße war ein jüdisches Altersheim eingerichtet worden. Von hier führte der Weg direkt nach Theresienstadt. Vor der Deportation dorthin mussten die alten Menschen einen „Heimeinkaufsvertrag“ unterzeichnen und entsprechend zahlen. Die Menschen wurden „legal“ ausgeraubt, wurden innerhalb von drei Stunden aus ihrer Wohnung vertrieben, mussten von einem auf den anderen Tag ihr Geschäft räumen oder ihre Arbeitsstelle verlassen.
Seit dem Jahr 2000 werden in der Bundesrepublik Deutschland Stolpersteine verlegt. In Darmstadt sind seit 2005 ca. 200 Steine verlegt worden. Der Arbeitskreis Stolpersteine – eine lose Gruppe engagierter Menschen – recherchiert biografische Daten der Opfer, an die der Stolperstein erinnern will. Zusammen mit dem Kulturamt der Stadt organisiert er die Verlegung. Die Verlegeorte können auf dem interaktiven Stadtplan auf der Homepage der Stadt Darmstadt(www.darmstadt.de) unter dem Suchbegriff Stolpersteine nachgesehen werden.
Die Stolpersteine und ihre Verlegung werden finanziert durch Paten, die für einen Stein 120€ bezahlen. Wenn Sie Interesse haben, das Projekt zu unterstützen, wenden sich an Bernhard Baum, Kulturamt der Wissenschaftstadt Darmstadt, Telefon 06151-133336, E-Mail:
Der Arbeitskreis hat eine Dokumentation über die bisher in Darmstadt verlegten Steine erarbeitet: „Stolpersteine in Darmstadt“, hrsg. Von Jutta Reuss und Dorothee Hoppe, erschienen im Justus von Liebig Verlag, Darmstadt 2013, erhältlich im Buchhandel, 14,80€
sg