Für Europäer, Australier und Amerikaner – also die klassischen Fernreisenden, lässt der Name dieser Insel östlich vom afrikanischen Festland Bilder von Traumstränden, Badevergnügen, dunkelhäutigen Musikanten unter Kokospalmen, Cocktails ohne Ende bis in die sternklare Nacht entstehen. Aber kaum einer der potentiellen Reisenden weiß, ob diese Vorstellungen bzw. die Anpreisungen der Reiseprospekte der Realität entsprechen, so die Referentin Almut Seiler-Dietrich bei ihrem Vortrag am 22. Januar.

Tatsache ist: Zwischen der Entdeckung 1507 durch den Portugiesen Mascarenhas und der Unabhängigkeitserklärung von 1968 war die Insel wie eine begehrte „Ware“ von Kolonialmacht zu Kolonialmacht verschoben worden. Portugiesen, Holländer, Franzosen, Engländer, Piraten, Handelsleute, Soldaten… alle fanden dieses Stück Land begehrenswert. Und das ist es wohl auch!

Neben den oben genannten Highlights bietet Mauritius, 2/3 so groß wie Mallorca – ca. 2 050 km² - vulkanischen Ursprungs mit Korallenatoll und Höhen bis zu 800 m, eine Fülle von Produkten. Man treibt Viehzucht, baut Zuckerrohr, Gewürze, Vanille, Obst, Sisal, Kokos, Kaffee, Kakao, Tabak an, fabriziert Rum und Zucker, verarbeitet Textilien und hat dadurch gute Exportmöglichkeiten.

Die nutzbaren Flächen teilen sich, bislang noch friedlich, ca. 1,2 Millionen Einwohner. Etwa 2/3 sind indischen Ursprungs, nämlich Nachfahren der, in der 2. Hälfte des 19.Jahrhunderts angeheuerten Pflanzungsarbeitern; 17% der Menschen sind Muslime. So viele Religionen, so viele Ethnien – so viele sprachliche Variationen, die akzeptiert sind. Die Staatssprache ist Englisch, man spricht jedoch neben den eigenen Idiomen meistens Französisch, eine Hinterlassenschaft der französischen Besatzung.

Unter dem, wahrscheinlich überflüssigen, Schutz des Commonwealth of Nations erlaubt sich diese Republik mit relativ hohem Lebensstandard für alle, ein sehr individuelles Leben. Man sieht’s am Wappen. Dieses ziert das Dodo, ein ausgestorbener pummeliger Vogel, ein vor langer Zeit importierter Hirsch, der Männchen machen kann, gekrönt von zwei grünen Palmenpinseln; ihre Flagge ist schlicht und heiter: rot, blau, gelb, grün gestreift. Also tatsächlich eine Idylle?

Was sagen zum Beispiel die vielen bedeutenden Schriftsteller dazu? Die Referentin, Frau Almut Seiler-Dietrich hatte außer der Serie eindrucksvoller Bilder eine Liste bekannter Schriftsteller mitgebracht – immerhin unter ihnen ein Literaturnobelpreisträger (2008): Le Clézio.

In Ihren Werken wird die glänzende Fassade aufgebrochen, dort ist die Rede von vergangener Sklaverei, von Armut, von Pigmentokratie (je hellhäutiger desto angesehener ist jemand), von Vergewaltigungen in der indischen Bevölkerung (sehr aktuell!!!). auch von einem Lager, das 1941 bis 1945 jüdische Gefangene, die in Palästina nicht einreisen durften, beherbergte.

Wer also nach Mauritius fliegen will (11 ½ Stunden), tut gut daran, durch vorherige Lektüre wenigstens zu WISSEN, dass auch hier nicht alles „Gold ist, was glänzt“. Dann darf er sich guten Gewissens im Liegestuhl zurücklehnen und die Annehmlichkeiten der Insel genießen – und das lassen sich die Insulaner GUT bezahlen!

mika