170 gangstrecke-6979Wenn die Bandscheibe oder das Kniegelenk schmerzt und jeder Schritt zur Qual wird, dann scheint eine Operation, oft sogar der Einsatz eines künstlichen Gelenks naheliegend. Jedenfalls in Deutschland, wo im Vergleich mit den Nachbarländern doppelt so oft operiert wird. Operative Eingriffe an der Bandscheibe haben von 2004 bis 2012 um 74% zugenommen.
Angesichts dieser Entwicklung gibt es in den letzten Jahren in Deutschland eine „Renaissance der konservativen Orthopädie“, so Dr. med. Christian Conrad, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie und Leiter der Fachabteilung für Konservative Orthopädie (ANOA) am Krankenhaus Jugenheim in seinen Vortrag bei der Aka55plus im voll besetzten Vortragsraum der Barmer GEK.

Konservativ heißt, dass, bevor man zum Mittel der Operation greift, alle nicht-operativen Diagnose- und Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft werden.

Oft werden Patienten, die bereits verschiedene therapeutische Maßnahmen erfolglos hinter sich haben vom Hausarzt oder Facharzt in die Fachabteilung von Dr. Conrad überwiesen. Während eines 14tägigen stationären Klinikaufenthaltes forscht ein Ärzteteam nach den Ursachen der Beschwerden; dabei werden auch psychosoziale Faktoren berücksichtigt.

Falsches Gehen oder Laufen ist in vielen Fällen die Ursache von Gelenkproblemen; daher spielt die Ganganalyse eine wichtige Rolle in der Diagnostik. Im Ganglabor wird der Bewegungsablauf mittels Druckplatte und Videokameras aufgenommen und mit einer speziellen Software ausgewertet. Ein 10m langer Teppich, unter dem sich die 3m lange Druckplatte verbirgt soll verhindern, dass der Patient beim Betreten der Platte den Gang ändert. Die Analyse der Aufnahmen erfolgt gemeinsam mit dem Patienten, und gemeinsam mit diesem werden die Schlussfolgerungen für die individuelle Therapie daraus abgeleitet.

Die Behandlungskonzepte sind ganzheitlich und schließen sportmedizinische Erkenntnisse, Osteopathie, Akupunktur, TCM, Psychotherapie und Schmerztherapie mit ein.

In der Ganguntersuchung am Ende des 14tägigen Klinikaufenthaltes sollte eine Besserungen sichtbar werden, so dass die Therapie in ambulanten Einrichtungen weitergeführt werden kann. In zwei Drittel der behandelten Fälle, so Dr. Conrad, war diese konservative Behandlung bisher erfolgreich.

marwen