Patenprojekt des Staatstheaters Darmstadt

Was ist ein Pate? Taufzeuge, der mit seinem Patenamt die Verpflichtung übernimmt…? Oder der Mafia-Dingsbums? Mit beidem hat das Patenprojekt des Staatstheaters nichts zu tun!!! Das „ganz besondere Angebot für Flexible, Neugierige, Schnellentschlossene und solche, die gerne hinter die Kulissen schauen“ galt der Produktion der Opera buffe „Die Großherzogin von Gerolstein“, die eine Aka-Gruppe zeitweise begleiten durfte.

Frau Espe – „Ich bin die Moni“ - die quicklebendige junge Theaterpädagogin lud die 18 Teilnehmerinnen und Teilnehmer beim ersten Termin am 14.1.14 zu einem Schnuppergespräch ins Besprechungszimmer des Theaters ein. Wir beschnupperten sie, die anderen Neugierigen und den voraussichtlichen Ablauf des Projekts.

Das zweite Treffen fand im Probenraum statt, wo Schauspieldirektor Martin Apelt uns gründlich und sehr humorvoll über das geplante Stück informierte. Jaques Offenbach, der „Urvater der Operette“ schuf mit seinen beiden Librettisten H. Meilhac und Halévy eine Parodie auf die deutsche Kleinstaaterei und die lächerliche Bewunderung von allem Militärischen. Dabei nahmen sie Vorbilder aus dem „wahren Leben“. Das Stück war von Anfang an ein Riesenerfolg. Obwohl zur Uraufführung viele erlesene Gäste kamen, die u.a. kontrollierten, ob zum Beispiel die Großherzogin nicht die Zarin Katharina die Große verunglimpfe, ob Zar Peter III nicht allzu deutlich wiederzuerkennen sei, ob der Ruf von Napoleon I nicht angekratzt werde, waren alle Größen und Halbgrößen der damaligen Zeit beruhigt. Die Librettisten und der Komponist hatten mit der Darstellung des Fantasieherzogtums und seiner skurrilen Bewohner die hohen Herrschaften nicht beunruhigt.

Die Großherzogin regiert mit wenig Sachverstand und mäßig qualifiziertem Personal ihr kleines Reich. Sie liebt Uniformen und die, die darin stecken, und vor allem hat sie es auf den kraftstrotzenden jungen Fritz abgesehen. Um ihn für eine Liäson standesgemäß werden zu lassen, ernennt sie ihn im Handumdrehen – natürlich gegen den Willen ihres Generals Bumm – durch die gesamte militärische Hierarchie hindurch bis zum General. Dass Fritz seine Wanda liebt und nichts mehr ersehnt als sie heiraten zu können, ist der Großherzogin schnurzegal.

Es kommt so, wie es immer kommt…man zettelt einen Krieg an, Fritz überlistet den Feind mit einer gehörigen Portion Alkohol …und ist der große, begehrte Held. Da er aber auf seiner Wanda besteht, wird er zurück in sein bürgerliches Leben katapultiert. Die Großherzogin wendet sich dem nächsten Kandidaten zu. …Das sehen Sie besser selbst auf der Bühne. Michael Quast, Rainer Dachselt und Michael Erhard schufen eine neue Textfassung sowie eine passende musikalische Erneuerung.

Herr Apelt schilderte den inhaltlichen und zeitlichen Ablauf der Vorbereitungen bis zur Premiere am 7.3.14. Er berichtete von der Bühnen- und Kostümgestaltung und den voraussichtlichen Kosten der Produktion.

Mehr als 3 ½ Wochen später (14.2.14) nahm die Aka-Gruppe an einer Probe im Kleinen Haus teil. Mit wenigen Teilen war auf der Bühne die Dekoration angedeutet. Drei Schauspieler, die auch die Sänger sind, probten eine Stunde lang eine einzige Szene. Die Zuschauer staunten über die lockere Stimmung, die trotz der anstrengenden Arbeit herrschte. Der Pianist M. Erhard begleitete die Gesangsstücke am Klavier. Regisseure, Assistenten und die Souffleuse ergänzten, bestätigten und korrigierten das Geschehen. Auch die Akteure konnten Verbesserungsvorschläge machen.

Der lange Marsch durch die Katakomben am 17.2.14 führte zu allen 4 Spielstätten des Staatstheaters. Wehe dem, der den Anschluss verpasst und zwischen den Requisitenwagen, Kulissenteilen, Putzgerätschaften und mindestens 1 000 Türen die Orientierung verliert! Schreinerei, Schlosserei, Malersaal, Kleines Haus und „da oben“ – Fingerzeig aus dem Foyer der Kammerspiele – die Bar als kleinste Spielstätte. Zuletzt das Große Haus. Längen, Breiten, Höhen, Zuschauerzahlen – eine Flut von Informationen. Ganz schön anstrengend für die Neugierigen!

Besonders leise mussten die Akas wieder beim fünften Treffen (24.2.14) während der Orchester-Sitzprobe sein. Mit vollem Einsatz spielten der Pianist, die Trompeterin, die Flötistin, die Cellistin, der Geiger, der Kontrabassist und der Schlagzeuger – eine kleine Besetzung. Michael Erhard musste 300 Seiten des Klavierauszuges umschreiben. Manche Blätter davon hatten die Musiker und Sänger vorher noch nicht gesehen, bewältigten jedoch mühelos ihre Partien.

„Etwas schneller, wenn’s geht – ein bisschen langsamer, ich muss auch mal atmen – das Orchester etwas schlanker, bitte – ich kann den Monitor nicht sehen“. Die Kommunikation ist außerordentlich freundlich und geduldig! Aber Diana Wolf als Großherzogin und Tom Wilde als Fritz vermitteln auch mit reduziertem Stimmeinsatz, wie fetzig es in Gerolstein zugeht! Nach einer Stunde gab es für die Darsteller eine Pause und für die Zuhörer einen Kaffee in der ungemütlichen Theaterkantine.

Vom 26.2. sind die Notizen der Aka-Protokollantin kaum zu entziffern, denn nach ca. 20 Minuten Wartezeit im Zuschauerraum des Kleinen Hauses, (Warum rennen die denn da so rum? Machen die da überhaupt was?), wurde es dunkel, die AWA-Probe (Ton- und Trampelprobe –erstmals mit allem Drum und Dran außer Kostümen und vollständiger Dekoration) fand statt. Die Korrekturen des Regisseurs bezogen sich im Wesentlichen auf die Standorte, Gesten, Auf- und Abtritte der Schauspieler/Sänger und des Chores. Viel, viel Kleinarbeit ist da zu leisten; viel, viel Disziplin ist nötig! Gespannt auf die Premiere am 7.3.14 verließen wir Gäste nach etwa 2 Stunden das Theater.

Premiere am 7.3.2014: Im Theater gehört es sich nicht, Bauklötzer zu staunen oder vor Überraschung den Mund nicht mehr zu zu bekommen. Aber genau das wäre fast passiert, als wir erlebten, was das Ensemble in den wenigen Tagen geleistet hat. Die Choreografie, die Textsicherheit, die Schmissigkeit der Musik und jede Menge Gags, die bei unserem letzten Besuch am 26.2.14 noch nicht ausgebrütet waren, verblüfften uns vollständig. Die lange Vorarbeit mit Moni hatte sich ohnehin schon für uns gelohnt, aber diese Steigerung erwartete sicher niemand.

Natürlich hörte man bei der anschließenden Premierenfeier von der Einen und dem Anderen es sei zu laut, zu leise gewesen, zu…und etwas weniger Klamauk hätte es auch sein dürfen.

Zum Ausgleich können alle mit der Aka am 10.6.14 zu RICHARD III gehen. Es sind noch Plätze frei zum Gruseln!

md