Geschichte und Charme des Papiertheaters: „Kleine Bühnen – große Wirkung“
„Wenn’s einen einmal gepackt hat, lässt es einen nicht wieder los“, gesteht Marianne Wahnrau. Sie arbeitet ehrenamtlich im Röhlerschen Papiertheatermuseum, der vermutlich weltweit größten Papiertheatersammlung der Welt. Doch die wenigsten Darmstädter wissen, dass sich dieser Schatz in ihrer Stadt befindet, und vermutlich können die meisten auch gar nichts mit dem Begriff Papiertheater anfangen.
Das wollte Marianne Wahnrau mit ihrem spannenden, sachkundigen Dia-Vortrag „Kleine Bühnen – große Wirkung“ ändern. Zumindest die Aka-Mitglieder dürften jetzt nicht mehr zu den Unwissenden gehören.
Schon als Kind war die Lehrerin von diesen preiswerten, vielseitigen Mini-Theatern fürs Wohnzimmer fasziniert und hat auch selbst welche gebaut. Die Blütezeit der kleinen Bühnen war das 19. Jahrhundert. An den Theaterkassen konnte man damals nicht nur Programmhefte, sondern auch Bilderbögen mit allen Elementen der jeweiligen Aufführung sowie Textbücher für die Heimbühne kaufen.
Den Prospekt (Theaterrahmen) besaß man ja schon, es gab die vorgefertigten Holzkästen in vier genormten Größen. Die ausgeschnittenen Theaterfiguren - manche trugen das Konterfei der Stars von damals - wurden auf Pappe oder Holz geklebt. Damit konnten die Erwachsenen ihren Söhnen und Töchtern das Schauspiel oder die Oper, die sie live gesehen hatten, nachspielen. Die kleinen Theater dienten also nicht nur der Belustigung und dem Zeitvertreib, sondern auch der Bildung und Erziehung der Kinder.
Mitte des 19. Jahrhundert gab es in Deutschland 65 Verlage, die Papiertheaterbögen druckten. Jeder Verlag hatte sein unverwechselbares Design. Die Bögen wurden von Hausfrauen, Kindern und Gefangenen handkoloriert.
Theaterrahmen konnten schwülstig mit Putten dekoriert, aber auch betont sachlich konzipiert sein. Bei manchen waren sogar die Musiker im Orchestergraben abgebildet – was aufschlussreich für Theaterhistoriker ist, die alte Orchester und Kulissen zu rekonstruieren versuchen.
Marianne Wahnrau charakterisierte den 1974 gestorbenen Walter Röhler als fanatischen Sammler, dem Darmstadt nun 120 aufgebaute Papiertheater, 77 komplette Sätze in Buchform, 9500 Papiertheaterbögen, 700 Texthefte, über 17000 Briefe und ungezählte Fachbücher und Zeitschriften verdankt.
Montags von 15 bis 17 Uhr bietet sie Besuchern Führungen durch die Sammlung in der Darmstraße 2 an. Außerdem ist sie dabei, mit Ehrenamtlichen eine neue Spielgruppe aufzubauen. Weitere Mitwirkende sind willkommen. Und damit alle, die sich den Reiz des Papiertheaters nicht so recht vorstellen können, eine Ahnung davon bekommen, organisiert sie einen Ausflug zur Papiertheaterbühne Buttler in Hanau. Anmeldung und Kontakt:
pep