Vortrag von Klaus Poppensieker über Madeiras Blütenzauber
Soll man die Insekten Madeiras nun beneiden oder wegen ihrer Arbeitsüberlastung als Bestäuber bedauern? Sie haben das ganze Jahr über gut zu tun, denn auf der Insel, die keinen richtigen Herbst oder Winter kennt, blüht es ununterbrochen. Hier ist die Natur ständig in Aufbruchstimmung, wie wir es hierzulande nur im Mai kennen.
Die gebirgige Insel Madeira ist vulkanischen Ursprungs; sie erstreckt sich über 57 Kilometer Länge und 22 Kilometer Breite und hat rund 230.000 Einwohner. Das Klima ist subtropisch, wobei es jedoch klimatische Unterschiede zwischen dem feuchten Nord- und dem trockenen Südteil der Insel gibt. Madeira ist eine Schatzinsel für Botaniker. Viele aus Südafrika oder Afrika importierte Kultur- und Zierpflanzen gedeihen dort prächtig, aber auch Vögel haben – durch mitgeschleppte Samen im Gefieder – zur Verbreitung von Arten beigetragen.
Zweimal hat Klaus Poppensieker die Holzinsel (so die Übersetzung des Namens Madeira aus dem Portugiesischen) zusammen mit seiner Frau Ulrike besucht, jeweils im September, und von den biologischen Exkursionen eine reiche Fotoausbeute mitgebracht. Er versprach seinem Publikum im Aka-Vortragsraum: „Ich werden Sie mit Blumenbildern überhäufen“. Was ihm mit Hilfe von 176 Lichtbildern auch gelang.
Die Formen- und Farbenpracht der Blüten ist überwältigend - als hätten die kühnsten Maler ihre Phantasien ausgetobt. Der Seh-Genuss war also garantiert, und deshalb machte es den Zuschauern auch nichts aus, dass Poppensieker nicht alle Pflanzen bestimmen und ihnen die unter Wissenschaftlern gebräuchlichen lateinischen Namen zuweisen konnte.
Um den Blütenzauber Madeiras zu genießen, brauchte Poppensieker nur das Hotelgebäude zu verlassen und den prächtigen Hotelgarten zu betreten. Schon beim Frühstück im Freien duftete es nach Franchipani, und er erfreute sich am Anblick der an der Hauswand wuchernden rot blühenden Bougainvillea. Er stellte seinem Publikum den Garten der Drachenbäume und einen Orchideengarten vor und nahm es mit auf eine Wanderung entlang der Levadas. Diese Bewässerungsgräben im Norden waren einst von maurischen Sklaven gebaut worden, um die Zuckerrohrplantagen zu bewässern.
Poppensieker erzählte von kuriosen Pflanzen, etwa der Engelstrompete, die nur in den Abendstunden betörend duftet und damit Nachtinsekten anlockt, und vom Kapokbaum, aus dessen Fasern Rettungswesten und in früheren Zeiten Kopfkissen hergestellt wurden.
Die Königin unter den Blumen Madeiras aber ist die Strelitzie, benannt nach der britischen Königin Charlotte, einer geborenen Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz. Weitaus besser wird die Pflanze durch ihren Zweitnamen charakterisiert: Paradiesvogelblume. Dieses Ingwergewächs aus Südafrika wächst auf Madeira und den Kanarischen Inseln sogar wild wie bei uns der Löwenzahn – ganz ohne gärtnerische Zuwendung.
Wer gerade keine Gelegenheit hat, die Insel des ewigen Frühlings zu besuchen, kann - immerhin - einige der beim Vortrag vorgestellten Pflanzen in Darmstadts Botanischem Garten entdecken.
pep