Wir staunen gelegentlich über die technischen Möglichkeiten der heutigen Zeit und nutzen sie meist nebenbei und ganz selbstverständlich. Es tut aber gut, sich gelegentlich vor Augen zu führen, was sich frühere Generationen mit minimalsten Hilfsmitteln ausgedacht und bewerkstelligt haben, so z.B. in der griechischen Antike.
In die Zeit von 600 v. bis 200 n. Chr. entführte uns Johannes Unholtz in seiner Präsentation altgriechischer Technikwunder.
Immerhin zwei von ihnen gehörten zu den sog. „sieben Weltwundern“: der Koloss von Rhodos und der Leuchtturm von Alexandria. Beide beeindrucken durch ihre auch für heutige Verhältnisse beachtliche Größe: vermutlich ca. 30 bzw. 140 m hoch. Die Angaben können von den Wissenschaftlern nur geschätzt werden, da von den Bauwerken nichts übrig blieb und sogar der Standort umstritten ist. Schriftliche Zeugnisse verschiedener Quellen bezeugen aber die Existenz der Bauten und ihre beeindruckende Wirkung.
Der Referent verschonte uns nicht vor technischen Details und mathematischen Berechnungen, sie verdeutlichten aber die Vorgehensweise der Baumeister. Wie schaffte man z.B. genügend Brennmaterial für ein 50 km weit sichtbares Feuer in die Turmspitze? Die geniale Lösung: durch Tragesel, für die ein doppelter „Wendelweg“ in der Außenmauer nach oben geführt wurde, für Auf- und Abstieg jeweils einen.
Von dem sog. „Museion“ in Alexandria gibt es auch keine greifbaren Reste aus Stein oder anderem Material. Diese Institution wurde aber auch mehr durch ihre geistige Größe berühmt, denn es war die universitäre Forschungs- und Lehrstelle und der Welt größte Bibliothek in den letzten zwei Jahrhunderten vor Christi Geburt. Ihr Untergangsjahr ist bis heute unbekannt, aber die Erfindungen - vor allem auf technischem Gebieten (Pneumatik, Hydraulik, Regelungstechnik u.a.) - waren in vielem grundlegend und unvergessen. Das ptolemäische Königshaus war der Mäzen dieser frühen „Wissenschaftsstadt“, die Herrscher waren aber durchaus auch Nutznießer auf militärischem Gebiet.
Wer eines dieser alten Technikwunder mit eigenen Augen wahrnehmen will, muss auf die Insel Samos. Der gleichnamigen Stadt wurde von einem „Ingenieur“ namens Eupalinos vor 2500 Jahren ein Tunnel von 1 km Länge gebaut, um die Wasserversorgung der Stadt zu sichern. Das Wundersame daran ist, dass er von beiden Seiten gleichzeitig in Angriff genommen wurde. Nur mit geringen Abweichungen traf man sich in der Mitte; der Neigungswinkel ist optimal für den Wasserfluss. Die geringen Hilfsmittel der Erbauer waren viele rechte Winkel, lange Latten, gutes Augenmaß - mehr kann hier nicht verraten werden.
Der spektakulärste Fund, der ein ganz anderes Schlaglicht auf die antiken Fertigkeiten wirft, ist vor gut 100 Jahren gemacht worden. In einem vorchristlichen Wrack wurde nach der griechischen Insel Antikhytera neben anderem eine zunächst rätselhafte Box mit verklumpten Zahnrädern gefunden. Erst in jüngster Zeit konnte dank unserer technischen Möglichkeiten erkannt werden, für was das Gerät stand: ein kalendarisch-astronomischer Rechenmechanismus. Man konnte damit über Jahre hinaus die Stellung von Sonne, Mond, Sternen, Tierkreiszeichen sich anzeigen lassen inklusive der Vorhersage von Mondfinsternissen und Olympiaden - ein Spitzenwerk von Wissenschaft und Mechanik mit einem großen Vorteil gegenüber den heutigen PCs: es war vom Strom unabhängig überall einsetzbar und witterungsfest, nur nicht für Wassereinwirkungen für 2500 Jahre.
kpr