Wo hatteHinkelsturm Darmstadt 120n nur in dieser Enge von Hinkelsturm und Hinkelsgasse die „Hinkel“ (Hühner) Platz zum Leben? Und vor allem die dort lebenden Darmstädter? Die Frage drängt sich jedem auf, der sich die Verhältnisse in Darmstadts Altstadt vor 1944 vergegenwärtigt. Beim Besuch des ehemaligen Stadtmauer-Turmes (jetzt ein kleines Museum) ist dies möglich.

Mit viel Liebe zum Detail erklärt die ehrenamtliche Mitarbeiterin des Altstadtmuseums Hinkelsturm Geschichte und Geschichten rund um Darmstadts untergegangenes Zentrum.

Die Verleihung der Stadtrechte im Jahre 1330 brachte die Pflicht mit sich, eine Stadtmauer um die damals vorhandenen Häuser zu errichten. Trotz ihrer Mächtigkeit war sie schon bald von geringem militärischen Wert, blieb aber bis in die Neuzeit größtenteils erhalten. Zerstört wurde sie mit Häusern und vielen Bewohnern innerhalb in einer einzigen Nacht, der Darmstädter Brandnacht.

Das kleine Museum kann mit Fotos und Stadtplänen altes und neues Strassenbild miteinander in Einklang bringen. Man muss sicher darüber trauern, was (und wer) uns damals verloren ging, die Frage ist dennoch berechtigt, ob eine solche drangvolle Strassen und Häuserenge heute noch ihre Bewohnen finden würde. Schon lange vor der Zerstörung wurde das Viertel von der Mittel- und Oberschicht gemieden und war das zentrale, ungeliebte Armenviertel von Darmstadt.

hinkelsturm nuesselerDer Designer und Modellbauer Christian Häussler hat in 2-jähriger verdienstvoller Arbeit große Teile der Altstadt zum Zeitpunkt 1930 nachgebaut: Aus der Ferne ist es romantisch, aus der Nähe bewundernswert detailreich anzusehen, aber in der Realität war es sicher kaum zumutbar - für unser heutiges Empfinden. Die einfachen Gasthäuser, das alte Rathaus mit dem Markplatz und Teile des Schlosses, die verschwundenen Plätze wie Schillerplatz und „die Insel“, der durchfließende Darmbach, das wenige Grün, die dunklen Hinterhöfe: alles wird im Bild und durch die erzählten Anekdoten und Zeitzeugen-Berichte lebendig. Nebenbei kann der Besucher durch die gläserne Fassade Blicke auf den jetzigen Zustand der Stadt und der Stadtmauer werfen.

Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass die Restauration des Hinkelsturmes und die Idee zu dem dortigen Museum nur privaten Initiativen und großem ehrenamtlichem Einsatz zu verdanken ist. Als wichtigste Person ist hier der örtliche Unternehmer Dr. Wiest zu nennen, der auch das Modell größtenteils finanzierte. Nachdem die Idee eines größeren Stadtmuseums seit Jahrzehnten dahin dümpelt, ist mit dieser sinnvollen Wieder-Nutzung des Turmes für Interessierte wenigstens ein kleiner Blick zurück auf die Darmstädter Stadtgeschichte möglich.

Das Museum (http://altstadtmuseum-darmstadt.de/) kann auch für private Besuche empfohlen werden; immer am Wochenende ist es von 14 - 16 Uhr geöffnet. Eine kleine aktuelle Sonderschau widmet sich dem „Datterich" - als Vorschau auf das kommende Niebergall-Gedenkjahr 2015 (200. Geburtstag).

Ein 8-minütiger Videofilm ist  im Internet zu sehen unter: http://youtu.be/CVQcXx2dLhA

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