janich-wagenerIm Januar wird - wie in jedem Jahr – in Darmstadt die Jury zusammentreten, um das Unwort des Jahres zu küren. Ziel dieser Aktion ist es, auf sachlich unangemessene oder gar inhumane Formulierungen aufmerksam zu machen und für den Umgang mit Sprache in der öffentlichen Kommunikation zu sensibilisieren. Das betonte Frau Prof. Nina Janich vom Institut für Sprache und Kommunikation in Darmstadt und zugleich Vorsitzende der Jury „Unwort des Jahres“ im Gespräch mit Peter Wagener bei einer Veranstaltung der Akademie 55plus.

Ein Wort wird durch seinen Gebrauch zum Unwort. Wenn es gegen die Menschenechte oder Prinzipien der Demokratie verstößt. Wenn es gezielt in der Öffentlichkeit verwendet wird, um gesellschaftliche Gruppen zu diskreditieren oder Sachverhalte zu verschleiern.

Das Unwort bezieht sich, so Prof. Janisch, immer auf gesellschaftliche Zusammenhänge wie die wirtschaftliche Stabilität („Rettung notleidender Banken“), den Arbeitsmarkt („gesundschrumpfen“), die soziale Absicherung („Langlebigkeitsrisiko“), Einwanderung und Integration („Flüchtlingsbekämpfung“), den militärischen Bereich ( „robuste Stabilisierungsmaßnahmen“) und weitere innenpolitische Konflikte. Es geht um Geld („Peanuts“), Tiere („Probeschlachten“) und meistens um Menschen („demografische Zeitbomben“, „Parasiten“, „Integrationsverweigerer“).

Jeder kann seinen Vorschlag zum Unwort des Jahres einreichen, auch anonym. Pro Jahr werden zwischen 1000 und 2000 Vorschläge gemacht. Wichtig ist, dass die öffentliche Verwendung des Wortes belegt ist und dass es aktuell ist.

Die Jury, die das Unwort des Jahres auswählt, besteht aus fünf festen Mitgliedern (vier Sprachwissenschaftlern und einem Journalisten) sowie einem jährlich wechselnden Mitglied aus dem öffentlichen Bereich, das viel mit Sprache zu tun hat. Sie tritt im Januar zusammen und wählt das Unwort aus den eingegangenen Vorschlägen aus. Ob ein Wort einmal oder mehrmals eingereicht wurde, ist dabei nicht ausschlaggebend, die Entscheidung wird nach inhaltlichen Kriterien gefällt. Die Diskussion um das Unwort des Jahres wird bis zum Konsens geführt, da jedes Jurymitglied in der Lage sein muss, für die Entscheidung einzustehen. Denn die Reaktion der Öffentlichkeit auf das gekürte Unwort ist in der Regel kontrovers und manchmal sehr heftig.

Als gelungenen Beitrag für den bewussteren Umgang mit Sprache führte Prof. Nina Janich an, dass der Begriff „Döner-Morde“, der 2011 zum Unwort des Jahres gewählt worden war, aus der öffentlichen Sprachverwendung praktisch verschwunden ist.

Den Begriff „Herdprämie“ (2007) hingegen könnte man – so ein Beitrag aus der Zuhörerschaft – auch als polemische Beschreibung einer umstrittenen politischen Entscheidung auffassen und weniger als Unwort zur Diskriminierung einer gesellschaftlichen Gruppe.

Bis zum 31. Dezember können Vorschläge für das Unwort des Jahres eingereicht werden. Informieren Sie sich auf der Seite:

http://www.unwortdesjahres.net

marwen