Rund um den Frankfurter Hauptbahnhof

bahnhof-ffm-petra-npWie gut, dass der Titan Atlas die Erdkugel nicht allein auf seinen starken Schultern tragen muss: Zwei knackige junge Männer, Dampf und Elektrizität, helfen ihm solidarisch, den Globus auf das zentrale Gebäude des Frankfurter Hauptbahnhofs zu stemmen. Dampf und Elektrizität waren die Halbgötter des 19. Jahrhunderts, in denen der Kopfbahnhof, halb Fabrik und halb Schloss, im Neorenaissance- und Neobarock-Stil gebaut wurde.

Mit seiner Eröffnung am 18.8.1888 erübrigten sich drei Bahnhöfe in der Nähe der heutigen Gallusanlage, die jeweils nur ein Gleis hatten, auf denen nur ein einziger Zug verkehrte. Der Hauptbahnhof aber galt seinerzeit mit seinen 24 Gleisen als größter Bahnhof auf dem europäischen Kontinent.

Spannend beschrieb Stadtführerin Sigrid Hierschbiel der Aka-Gruppe den Aufstieg und Niedergang des  Bahnhofsviertels.  Das Vorzeigegebäude Hauptbahnhof bekam Ende des 19. Jahrhunderts ein architektonisch ebenbürtiges Gegenüber: mehrere Luxushotels und das 5000 Zuschauer fassende Schumann-Theater.

bahnhofsviertel-ffm-petra-npIm Bahnhofsviertel, das etwa einen halben Quadratkilometer Fläche umfasst, entstanden nach Pariser Vorbild in Blockbauweise 850 fünfstöckige Gebäude mit einheitlichen Fassaden. Im Erdgeschoss waren Luxusgeschäfte untergebracht. Rund 250 dieser herrschaftlichen Häuser blieben erhalten und stehen heute unter Denkmalschutz.

Das noble Wohn- und Geschäftsviertel rutschte nach dem Zweiten Weltkrieg ins Rotlichtmilieu ab. Das führte Sigrid Hierschbiel auf die jungen amerikanischen Soldaten zurück, die in Frankfurt, dem europäischen Headquarter der USA, ihrem Vergnügungsdrang nachgingen und für große Nachfrage im Sexgeschäft sorgten. Die Amerikaner brachten auch die ersten Drogen mit. Einige geschäftstüchtige Neubürger, die bald zu Kiezgrößen aufstiegen, wussten dies zu ihrem finanziellen Vorteil zu nutzen.

Die Aka-Gruppe erfuhr, dass im Toleranzgebiet des Bahnhofsviertels 800 Prostituierte ihrer Arbeit nachgehen und die Elbestraße das Zentrum des Rotlichtmilieus ist. In den sogenannten „Laufhäusern“ mieten die Frauen ein Zimmer (Tagespreis 125 bis 150 Euro) und bieten dort den Freiern ihre Dienste an. Im Jahr wird ein Umsatz von rund 100 Millionen Euro erzielt.

Das Bahnhofsviertel mit einem Migrantenanteil von 65 Prozent (Frankfurter Durchschnitt: 40 Prozent) hat noch zwei andere Gesichter. Die Münchner Shr-wetterfrosch-petra-nptraße ist multikulturell geprägt, doch gleich um die Ecke gibt es auch schon die ersten Luxussanierungen, die sicher eine reichere Klientel anziehen werden. Man darf gespannt sein, ob diese Mischung harmoniert.

Die Aka-Gruppe besuchte das Musikgeschäft, in dem berühmte Rockmusiker bei ihren Stippvisiten in Frankfurt seit Jahrzehnten ihre Instrumente kaufen und sie manchmal auch während eines kleinen Konzerts ausprobieren. Schon Elvis Presley hat sich dort - nachzulesen auf einer Quittung - eine akustische Gitarre besorgt. Die Darmstädter warfen einen Blick auf Matulas Stammkneipe („Ein Fall für zwei“), die Gaststätte Moseleck, erfuhren, dass es ein Hammermuseum in einer Schuhmacherei und einen türkischen Getränkeladen gibt, der alle Biersorten führt. Auch Grohe-Bier? Selbstverständlich.

Der fast dreistündige Spaziergang endete auf Frankfurts öffentlichem Wolkenkratzer Maintower, auf dem Thomas Ranft, der Wetterfrosch des Hessischen Rundfunks, gerade in 200 Meter Höhe für die nächste Wettervorhersage gefilmt wurde. Er verkündete sonnige Aussichten für die kommenden Oktobertage.    

pep