Karl-Heinz Köhler und seine Frau reisen gern und weit. Die vielen Erfahrungen unterwegs brachten sie dazu, intensiv darüber nachzudenken, warum wir reisen.
Herr Köhler bat zu Beginn der Veranstaltung die Teilnehmer, kurz ihre Einfälle zum Thema „Warum reisen wir“ zu notieren. Auf Basis der Antworten entspann sich eine vielschichtige Diskussion zu verschiedenen Aspekten, z. B.:
- Reisen bildet – wir wollen unser Bücherwissen untermauern und andere Kulturen erfahren.
- Wir suchen Entschleunigung, Abstand zum beruflichen Alltag.
- Sommer, Sonne, Meer stellen für uns eine angenehme Abwechslung zum grauen Alltag dar.
- Andere suchen Kälte, Schnee und Gletscher als Kontrasterfahrung.
- Manche sind auf der Flucht – nichts wie weg vom Alltag, denn räumlicher Abstand bringt auch inneren Abstand.
Daraus versuchte Herr Köhler eine Definition des Begriffs „Reisen“ abzuleiten, der abgrenzt zu beruflichen und unfreiwilligen Ortswechseln (Flüchtlinge): Zweckfreies touristisches Reisen mit vorübergehender Ortsveränderung aus freier Entscheidung.
Zum Untertitel „Reisen früher und heute“ führte ein kurzer Exkurs zur Entwicklung des Reisens. Früher reisten wenige: reiche Menschen, sowie Künstler wie Maler und Schriftsteller zur Erweiterung ihres Horizonts. Ein Beispiel stellt Goethes berühmte Italienreise dar. Wir hörten aus seinem Reisebericht einen Ausschnitt zur Fahrt mit der Postkutsche über den Brenner. Viele Handwerker gingen für einige Jahre „auf die Walz“. Heute reisen viele. Die modernen Transportmittel der Industriegesellschaft ermöglichen den Massentourismus.
Ein Beitrag des Sozialphilosophen Max Horkheimer initiierte Überlegungen zu negativen Aspekten unserer Reiselust. Die zitierte „tote Natur“ erinnerte uns an Skigebiete im Sommer, die fortschreitende Abholzung der Regenwälder und die aussterbende Tierwelt in vielen Regionen der Welt. Als Gegenargument führte ein Teilnehmer an, dass Tourismus auch die Bewahrung alter Kulturen und Bräuche fördert, die sonst in der modernen Welt völlig in Vergessenheit fallen würden.
Die Teilnehmer waren sich einig, dass wir in unserer angeregten Diskussion nur einen Ausschnitt der komplexen Thematik beleuchten konnten. Zum Abschluss las uns Frau Köhler das Gedicht von Joseph von Eichendorff vor, welches der Veranstaltung den Titel gab.
Mich brennt´s in meinen Reiseschuh´n
fort mit der Zeit zu schreiten.
Was sollen wir agieren nun
vor soviel klugen Leuten.
Da hebt das Dach sich von dem Haus
und die Kulissen rühren
und strecken sich zum Himmel aus,
Strom, Wälder musizieren.
Da geh‘n die einen müde fort,
Die andern nah‘n behende,
Das alte Stück, man spielt‘s so fort
Und kriegt es nie zu Ende.
Und keiner kennt den letzten Akt
Von allen, die da spielen.
Nur der da droben kennt den Takt
Weiß, wo das hin soll zielen.
Text und Foto: csf