Aka im Gespräch mit Katja Behrens
An ihrem Lieblingsbuch „Roman von einem Feld“ hat sie fünf Jahre geschrieben – jetzt ist es vergriffen. „Die dreizehnte Fee“ wurde in vier Sprachen übersetzt und bekam durchweg bemerkenswerte Kritiken. Trotzdem hatte die Lektorin das Erscheinen verhindern wollen, weil schreibende Frauen für sie Konkurrentinnen und somit ein Problem waren.
Innenansichten aus dem Betrieb der Bücherschreiber und Büchermacher: Einen überaus spannenden Abend bot die Schriftstellerin Katja Behrens in der Reihe „Aka im Gespräch“ ihrem Publikum. Walter Schwebel von der Akademie 55plus und Adrienne Schneider vom Literaturhaus führten mit pointiert gesetzten Fragen und Anmerkungen durch die gut besuchte Veranstaltung.
Katja Behrens, geboren in einer jüdischen Familie mitten im Krieg in Berlin überlebte den Naziterror, versteckt in einem kleinen Ort in Österreich, und fing mit 18 Jahren an, Bücher aus dem Englischen zu übersetzen. Sie lebte zwei Jahre in Israel, war Mitglied und Vizepräsidentin des deutschen PEN und erhielt zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen. Ihre Bücher sind in renommierten Verlagen erschienen. Sie ist zu Lesungen und Vorträgen im In- und Ausland eingeladen. Eine Erfolgsgeschichte? Ganz sicher, wenn man die Anzahl ihrer Veröffentlichungen, Ehrungen und „Auftritte“ als Indikator sieht. Eine bekannte Autorin, medienverwöhnt und materiell sorglos? Ganz sicher nicht.
Seit fast 40 Jahren ist Katja Behrens „freie Autorin“. Doch was sich so hip und modern anhört, bedeutet in der realen Welt: Geldsorgen ohne Ende, Existenznot, Krisen, Ängste. Von den Büchern allein kann kein Schriftsteller leben, von wenigen Bestsellerautoren abgesehen. Also geht man auf Lesereise. Die Darmstädterin beschreibt ihre „glamourösen“ Erlebnisse dabei: Sie tingelte durch Kleinstädte, lernte reiche Leute kennen, die wenig an Literatur, aber sehr stark am Steuersparen interessiert waren, übernachtete in fensterlosen, umgebauten Kinosälen, sah den Kontostand immer wieder im Minus, verzichtete auf viele Annehmlichkeiten und gibt trotzdem das Fazit: „Ich habe das gewollt. Es war mir wichtig, Worte zu finden für ein Lebensgefühl, die Möglichkeit zu haben, mich auszudrücken.
Sie ist eine disziplinierte Schreiberin, arbeitet sechs bis zehn Stunden täglich. „Schon ein Arztbesuch ist eine Katastrophe, weil man da aus dem Text rauskommt.“ Schwer sei der erste Satz, da er besonders gut sein müsse. Sie schreibe einfach drauf los, schmeiße alles weg, was nicht gut sei. Schreiben und wegschmeißen – ein konstanter Ablauf….
Eine besondere Problematik ihres Berufsstandes sei der „Verrat“, der Mut erfordere. Schriftsteller schöpften aus dem Fundus ihrer Familie und Freunde. „John le Carré hat seinen Vater verraten, ohne das geht es nicht.“ Da ging ein Raunen durch den Saal. Ein Vakuum entstehe immer dann, wenn das Manuskript fertig sei. Die Ungewissheit sei groß, ob es akzeptiert würde, sich anschließend gut verkaufe, das Existenzminimum gesichert sei von den 10 Prozent, die ein Autor maximal bekomme. Ob finanzieller Druck zu Schaffensdruck führe, wollte eine Zuhörerin wissen. Ja, man habe oft genug Angst vor einem Einbruch, nichts, womit man rechnen könne. Und dennoch: „Man muss das einfach wegschieben.“
Zum Schluss kam noch die Frage nach ihrem „Lieblingskind“ unter all den Büchern, die sie geschrieben hat. Es ist der „Roman von einem Feld“. Nicht irgendeinem, sondern dem Darmstädter Oberfeld. Dort ist Katja Behrens viel spazieren gegangen. Irgendwann fing sie an zu recherchieren, Geschichten zu erfinden, zu verwerfen, zu schreiben, wegzuschmeißen. Fünf Jahre dauerte es, bis das Werk fertig war. Zu dem Zeitpunkt wusste sie schon, dass sich ihr Liebling nicht besonders gut verkaufen würde. Tat er auch nicht, das Buch ist vergriffen, wurde nicht neu aufgelegt. Und trotzdem: Es sei eine schöne Arbeit gewesen, betont die Schriftstellerin und ihre Zuhörer, die das das Buch gelesen haben, nicken zustimmend.
hb