Brigitte Zypries (SPD) und Daniela Wagner (Grüne) erzählten von ihrem Werdegang

beruf politikerinWie organisiert man seinen Alltag, wenn man zwei Wohnungen hat, die 575 Kilometer voneinander entfernt liegen - eine in Darmstadt und eine in Berlin? Für Brigitte Zypries (SPD), Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretärin, und Daniela Wagner (Bündnis 90/Die Grünen), ehemalige Bundestagsabgeordnete und Landesvorsitzende der Grünen in Hessen, ist das noch das kleinste Problem.

Die beiden Berufspolitikerinnen kennen und schätzen sich und haben, wie sich bei der Veranstaltung „Die Aka im Gespräch“ im Literaturhaus herausstellte, vieles gemeinsam. Ausführlich und offen beantworteten sie die Fragen von Heidrun Bleeck und Margret Wendling.

„Eher zufällig, nicht geplant“, hat die Juristin Zypries den Weg in die Politik eingeschlagen, weil ihre berufliche Tätigkeit sie immer wieder an die Schnittstelle zwischen Recht und Politik führte. „Showstar und Politiker kann man ohne Ausbildung werden“, sagte sie kess. „Nicht zielstrebig und bewusst“ geriet auch Daniela Wagner in den Strudel der Politik, „es war eher ein Mitgerissenwerden“. Joschka Fischer war es, der auf der Suche nach Realos auf die rhetorisch begabte Darmstädterin aufmerksam wurde und sie für die hessische Landespolitik anwarb.

Was ist so toll am Beruf des Politikers? Zypries schätzt die Gestaltungsmöglichkeiten, Wagner erklärt: „In der Politik kannst du das umsetzen, was dir selber wichtig ist.“ Wie gehen die beiden mit Niederlagen um? Wagner: „So, dass ich sie mir selber und anderen eingestehe. In der Demokratie sind Ämter immer Ämter auf Zeit“. Als Realistin kann Zypries gut einschätzen, dass Schmeicheleien nicht ihrer Person, sondern ihrem Amt geschuldet sind. Wenn man das begriffen habe, sei man nicht beleidigt und enttäuscht, man bleibe geerdet, sagte sie.

Politik ist harte Arbeit. Zypries gab zu, dass sie etwa ein dreiviertel Jahr gebraucht habe, um sich auf ihr neues Aufgabengebiet als Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, zuständig für IT, Luft- und Raumfahrt, vorzubereiten. Das Einfinden in ihre neue Rolle sei manchmal ein Ritt auf der Rasierklinge gewesen. Wagner, die zuvor als Fachpolitikerin in Berlin für Wohn- und Bauthemen zuständig gewesen war, wechselte als Generalistin in die Hessische Landespolitik. Als Parteivorsitzende müsse man zu allen Themen sprechfähig sein, erklärte sie.

Mit dem Flugzeug, ihrem bevorzugten Verkehrsmittel, braucht Brigitte Zypries 2,5 Stunden von Haus zu Haus – Darmstadt/Berlin. Mit der Bahn ist sie für die gleiche Strecke 5,5 Stunden unterwegs. Sie hat ihre beiden Wohnungen mit allem Nötigen ausgestattet und kauft bestimmte Sachen doppelt. Alle vierzehn Tage leitet sie eine Telefonschaltkonferenz und stimmt ihren Arbeitsplan mit ihren Mitarbeitern im Darmstädter Wahlkreisbüro und ihrem Berliner Büro ab. Daniela Wagner dagegen fährt am liebsten mit dem Zug. In Darmstadt hat sie ihr Standbein, ihre Familie und ihre Freunde, Berlin („ich liebe diese Stadt“) war für sie die Nummer zwei - ihr Arbeitsplatz. Brigitte Zypries hat länger in Berlin als in Darmstadt gelebt und fühlt sich in der Hauptstadt mit ihrem großen Kulturangebot heimischer. An Darmstadt schätzt sie die kurzen Wege – und das Kaufhaus Henschel.

Im Hinblick auf den demografischen Wandel und die drohende Altersarmut sagte Zypries, dass auf unterschiedlichen Ebenen vieles angepackt werden müsse, vor allem die Wohnsituation. Wagner betrachtet es als eine Mammutaufgabe auf kommunaler Ebene, „diskriminierungsfreie“ Zugänge zu schaffen. Sie vertraut darauf, dass der technische Fortschritt alten Menschen hilft, möglichst lange in ihrer Wohnung zu bleiben – dank “Smart Grid“ (intelligentes Stromnetz), Handys mit GPS-Funktion und sonstigen Hilfsmitteln, die das Gedächtnis des Bewohners ersetzen. pep