Aka-Ausflug nach Mainhattan und Sachsenhausen
Frankfurt ist eine Stadt der Gegensätze und stolz darauf, Europas einzige zusammenhängende Skyline zu besitzen. Diesen imposanten Anblick konnte eine Aka-Gruppe unter Führung von Ingrid Scheffler an einem schönen Frühlingstag bei einem Spaziergang entlang des Mains genießen.
Stadtführer Michael Bretzler holte die Darmstädter am Frankfurter Hauptbahnhof ab, der täglich 370.000 Pendler verkraften muss. Über die einstige Prachtstraße Kaiserstraße und die internationalste Straße der Mainmetropole, die Münchner Straße, führte er sie zum Nizza. Das ist eine Garten- und Erholungsanlage am Mainufer, auf deren längst abgebauter Rollschuhbahn einst Marika Kilius trainiert hatte, bis sie Hessische Rollschuhmeisterin wurde. Die bis heute bei Erholungssuchenden beliebte Anlage mit 150 verschiedenen mediterranen Pflanzen war um 1890 von Heinrich Siesmayer, dem Schöpfer des Palmengartens, angelegt worden.
Links und rechts des Mains, auf frankfurterisch „hibderbach und dribderbach“, gibt es 18 Museen. Ein rundes Hochhaus mit 31 Stockwerken, das Einheimische „das Gerippte“ nennen, weil seine Form Ähnlichkeiten mit einem Apfelweinglas hat, markiert den Eingang zum Westhafengelände. Heute ist es ein begehrtes Wohnviertel mit einem kleinen Hafenbecken.
Auf der gegenüberliegenden Seite erstreckt sich das Universitätskrankenhaus, in dem jährlich 1000 Ärzte über 270.000 Patienten behandeln. Nicht weit davon lockt der Neo-Renaissance-Bau des Städel Kunstfreunde von nah und fern an. Man braucht Tage, um die 3000 Gemälde, 600 Skulpturen, 100.000 Zeichnungen und – ganz aktuell – die Monet-Ausstellung zu würdigen. Mit 2,6 Millionen Besuchern pro Jahr ist das Städel das am zweithäufigsten besuchte Kunstmuseum Deutschlands. Nur Berlin kann mit höheren Besucherzahlen aufwarten.
Zwischen Dom und Römer entsteht gerade die neue Altstadt, die architektonisch an Zeiten anknüpft, in denen in der Innenstadt 2000 Fachwerkhäuser eng auf eng gestanden haben. Sie alle wurden – bis auf eins – in einer Bombennacht zerstört. Das Haus Wertheim blieb nur erhalten, weil es das nächstgelegene am Main ist, aus dem die Anwohner das Löschwasser schöpften. Das Gebäude wurde feucht gehalten, um den sicheren Durchgang zum Fluss zu gewährleisten.
Eindrucksvoll erzählte der gebürtige Frankfurter Bretzler vom Brand des Domturms, der durch Kerzenlicht, brennende Hopfenbündel einer Hausbrauerei und starken Wind ausgelöst worden war. Nach alten Bauplänen aus dem 15. Jahrhundert sei der Turm 1868 mit preußischem Geld in über achtjähriger Bauzeit neu errichtet worden.
Auf der Alten Brücke zeigte der Stadtführer jene beiden Stellen, an denen die Skulptur von Stadtgründer Kaiser Karl dem Großen und der „Brickegickel“ wiederaufgestellt werden sollen. Beim „Brückengockel“, um den sich eine Sage rankt, waren früher die in einen Sack gestopften Verbrecher in den Main geworfen worden.
Unmittelbar unter dem „Sudfass“, einem ehemaligen Edelbordell, entdeckte die Aka-Gruppe ein Biotop für Mauereidechsen. Die Tiere hatten sich zuvor an einer Trockenmauer des Bordells aufgehalten und brauchten nach dessen Umbau eine neue Heimat, die nun für sie in Flussnähe geschaffen wurde.
Von der Flößerbrücke aus zeigte Bretzler den Darmstädtern drei architektonisch herausragende Gebäude: die kürzlich eingeweihte Europäische Zentralbank auf dem Gelände der ehemaligen Großmarkthalle, die an ihrer Spitze 16 Stockwerke hohe „Triangel“ (Sitz der Oberfinanzdirektion) und den 90 Meter hohen Main-Plaza-Tower im Artdeco-Stil. Er soll an das New York der zwanziger Jahre erinnern.
In Sachsenhausen, dem einstigen Wohnviertel der Gerber, Gärtner und Arbeiter, erfuhren die Aka-Mitglieder, dass eigentlich die Reblaus schuld an der Apfelweinkultur ist. Bevor der Schädling alle Stöcke vernichtet hatte, war in diesem Stadtteil nämlich Wein angebaut worden. Danach wurden Apfelbäume gepflanzt und Äpfel zu Most verarbeitet. Im 19. und 20. Jahrhundert entstanden die berühmten „Äppelwoi“-Kneipen.
In eine von ihnen, „Frau Rauscher“ in der Klappergasse, kehrten die Darmstädter ein und lernten dort den besonderen Geschmack sortenreinen Apfelweines kennen. Das hob sofort die Stimmung. Übrigens nahm niemand Anstoß daran, dass es die mit einem Denkmal verewigte Frau Rauscher nie gegeben hat. Sie ist eine - vermutlich im Äppelwoi-Rausch entstandene – Geburt der Phantasie. pep