Vor wenigen Wochen waren Reiseeindrücke aus Rumänien Thema eines Vortrags. Nun gab es noch mehr Hintergrundinformationen speziell zum rumänischen Teil-Land Siebenbürgen und seinen Bewohnern, den deutschstämmigen „Siebenbürger Sachsen“. Diesmal war ein Ur-Sachse der Vortragende; er warb nebenbei für eine für 2016 geplante Reise in sein Heimatland.
Man stelle sich vor: Angehörige eines Volkes werden im Mittelalter durch besondere Privilegien zum Auswandern verleitet, nehmen in die neue Heimat ihre Sprache, Kultur, Religion etc. mit sich und können diese Werte und Eigenheiten mehr als 800 Jahre bewahren - aller gelegentlichen Kriege, Unterwerfungen, Neid und Hass zum Trotz. Aus vielen Gebieten Deutschlands kamen die Auswanderer im Laufe der Jahrhunderte, nur nicht aus Sachsen; sie heißen nur wegen eines Übersetzungsfehlers so. Und für den Namen Siebenbürgen gibt es mehrere Deutungen; am wahrscheinlichsten wurden „die Bürger von sieben Städten“ in diesem Wort zusammengefasst.
Der ungarische König Geza I. brauchte im 12. Jahrhundert dringend fähige deutsche Bergleute, um Erz zu fördern. Sie sollten das Land besiedeln, das das rohstoffreiche Karpaten-Gebirge wie einen Ring umgibt. Das Land hat eine der Schweiz ähnelnde Fläche und liegt im NW des heutigen Rumänien. Es entstanden Dörfer und schließlich auch „deutsche Städte“: Hermannstadt, Clausenburg, Kronstadt sind die bekanntesten Namen. Typisch für das Siebenbürger Siedlertum waren und sind die Kirchenburgen, die Straßendörfer und das Gemeinschaftseigentum der landwirtschaftlichen Flächen.
Sie lebten friedlich mit den ungarischen und später rumänischen Einwohnern zusammen - besser gesagt: sie lebten nebeneinander, denn es gab nur rein deutsche und rein rumänische Dörfer - keine oder kaum Vermischungen. Selbst als die Türken für mehr als 100 Jahre das Land eroberten, blieb Siebenbürgen ein unabhängiges Fürstentum, was mit Tributabgaben erkauft werden musste.
Erst in neuerer Zeit wurde das Völker-Nebeneinander empfindlich gestört: Nach dem II. Weltkrieg bringt der Kommunismus neben zahllosen Deportationen nach Russland vor allem Missgunst und Intoleranz mit sich. Enteignung, Vertreibung und Wegfall der Privilegien führten vor allem in der Ära Ceausescu zu einer Aussiedlungswelle: bis 1989 waren das mehr als 240.000 Menschen, die von der BRD sogar noch „freigekauft“ werden mussten. Nach der Wende war der Wegzug noch eklatanter. Nach neuester Zählung leben heute nur noch 16.000 Menschen in Rumänien, die sich als Deutsche bezeichnen - es waren in der Blütezeit einmal eine halbe Million.
Dietmar Zey, mit seiner jüngeren Schwester Ruhtraut mitten in die schwere Nachkriegszeit hinein geboren, verlebte die ersten 30 Jahre in Siebenbürgen. Entsprechend engagiert und voller Begeisterung und Erinnerungen war sein Vortrag über dieses Land. Für ihn waren die Freiheitsliebe, der Gemeinschaftssinn, die Leistungsbereitschaft und die Toleranz die Garanten für das Überleben und die Identitätswahrung. Selbst die Rumänen erkennen heutzutage neidlos an, was ihre früheren Mitbewohner des gleichen Staatsgebildes geschaffen und erhalten haben. Wenn ihnen etwas wirklich Gutes gelingt, so ist es zu einem geflügelten Wort geworden: „Wir haben deutsche Arbeit geleistet“!
Mit der für Mai 2016 von Ruhtraut Zey angekündigten Reise nach Siebenbürgen werden die wichtigsten Orte der Siebenbürger Sachsen aufgesucht. Neben den Sehenswürdigkeiten soll es auch zu Kontakten und Gesprächsmöglichkeiten mit den Deutschen vor Ort kommen. Die Zuhörer zeigten sich sehr angetan und bekundeten lebhaftes Interesse an der Reise…
kpr