Besuch beim Projekt Ginkgo in Langen
Wenn das Wort „Ginkgo“ fällt, denken die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Aka-Kurses „Wie wollen wir im Alter leben?“ künftig nicht mehr an den von Goethe verehrten Baum, sondern an zwei superschöne, bunte Wohnhäuser im Norden von Langen. Dort hat der „Verein für selbstbestimmtes und gemeinschaftliches Wohnen im Alter“ zusammen mit dem Gemeinnützigen Siedlungswerk Frankfurt als Bauträger barrierefreie Wohnungen geschaffen.
Die 48 Zwei- und Drei-Zimmer-Wohnungen in der Größe von 50 bis etwa 90 Quadratmeter können gekauft oder gemietet werden. In beiden Häusern gibt es einen Gemeinschaftsraum, Abstellräume oder Keller für jede Wohnung, Waschküchen, Abstellplätze für Autos und Fahrräder und einen großen Garten.
Ginkgo heißt das Projekt, ein Wort, das sich aus den Anfangsbuchstaben folgender Begriffe zusammensetzt: gemeinsam, individuell, nachbarschaftlich, kooperativ, gemeinnützig, organisiert. Ute May-Baldner und Udo Rach führten die Aka-Gruppe durch beide Häuser und gewährten ihnen Einblicke in ihre mit großzügigen Balkonen ausgestatteten Appartements. Jeder Haushalt kocht für sich, manchmal schließen sich aber auch drei bis vier zum Kochen zusammen.
Das Besondere an Ginkgo ist, dass sich alle Bewohner vier Stunden in der Woche für Arbeiten zugunsten der Gemeinschaft zur Verfügung stellen müssen. Das können Büro- oder Gartenarbeiten, aber auch die ehrenamtliche Mitarbeit in der angeschlossenen Demenz-WG sein, die von einem Darmstädter Pflegedienst organisiert wird. Sollte ein Bewohner an Demenz erkranken, kann er in die Wohngruppe umziehen und muss das Gebäude nicht verlassen.
Einmal im Monat gibt es einen Runden Tisch mit Brunch, zu dem jeder etwas beiträgt. Runde Geburtstage der Bewohner werden groß gefeiert. Wird einer der 57 Bewohner krank, erkundigen sich die Mitglieder des hauseigenen Sozialausschusses nach seinen Bedürfnissen. Soll für ihn eingekauft werden? Braucht er jemanden, der ihn zum Arzt begleitet? Soll seine Wäsche gewaschen werden? Dieses Konzept habe sich in der Praxis bewährt, versichern Ute May-Baldner und Udo Rach. Zum Beispiel sei es gelungen, einen kranken Bewohner vier Wochen lang voll zu versorgen.
Am liebsten wären einige Aka-Mitglieder gleich eingezogen. (Zwei Wohnungen sind gerade frei). Aber es gibt zwei Hindernisse. Das erste: Beim Einzug sollten die neuen Bewohner nicht älter als 75 sein. Das zweite: das Geld. Der Quadratmeterpreis (kalt) inklusive Gemeinschaftsflächen liegt bei 11,80 Euro. Oder für die, die eine Wohnung erwerben, bei 2300 Euro pro Quadratmeter (ohne Grundstück).
Neue Mieter müssen sich bei der Gemeinschaft vorstellen, sie werden auf Kooperationsfähigkeit und soziales Engagement überprüft. An Freizeitaktivitäten mangelt es nicht: In Ginkgo 1 und Ginkgo 2 gibt es Angebote für Yoga, Französisch, Englisch, Feldenkrais, Schach, Frühgymnastik, Chi Gong, Spiele und Canasta, Vorträge , Wunschfilm- und Musikabende. Weil Ginkgo kein Altersgetto sein will, wird es – trotz großer Nachfrage – kein weiteres Gebäude mit diesem Konzept geben, zumindest nicht in der unmittelbaren Nachbarschaft.
Die Aka-Mitglieder waren von den Ginkgohäusern fasziniert: Von allen bisher vorgestellten Modellen des Wohnens im Alter hat dieses Konzept den ersten Platz erobert. Näheres über den Verein und die Satzung unter www.Ginkgo-langen.net. Adresse: Georg-August-Zinn-Straße 2, 63225 Langen.
pep