Wolfgang Richter bei der Aka
"Filmemacher" nennen sie sich. Das bedeutet: Autor, Kameramann, Regisseur und Produzent in einer Person. In diesem Fall war es Wolfgang Richter, der in Darmstadt lebt und zusammen mit seinem Partner Hannes Karnick für seine Dokumentarfilme zahlreiche Preise und Auszeichnungen erhalten hat.
Im Literaturhaus berichtete er in der Reihe "Akademie im Gespräch" von Höhe- und Tiefpunkten, einer sich verändernden Medienwelt und ganz alltäglichen Schwierigkeiten, an Geld für die nächste Produktion zu kommen.
Petra Neumann-Prystaj und Walter Schwebel moderierten und leiteten mit geschickten Fragen durch einen spannenden Abend, der spontan um eine halbe Stunde verlängert wurde – es gab einfach zu viel Material und die Zuschauer konnten gar nicht genug bekommen, vor allem wenn es um Darmstädtisches ging. Besonders eindrucksvoll waren Auszüge der Filme "Radio Star – Die AFN Story", "Was würde Jesus dazu sagen?" - ein Film über das Lebens Martin Niemöllers und der Trailer zum Film „Das radikal Böse“, der vor kurzem im ZDF gezeigt wurde.
Angefangen hatte für Richter alles während des Architektur-Studiums an der TU Darmstadt mit dem "Studentenkino". Es folgten Filme für Kino und Fernsehen. 1972 schließlich gründete er mit Hannes Karnick die Produktionsfirma "docfilm". Die beiden Filmemacher konnten mit ihren
Dokumentarfilmen überzeugen. Fernsehsender strahlten die Werke aus, auf den Kurzfilmtagen in Oberhausen gab es den Hauptpreis der Internationalen Jury, auf Festivals in Chicago und Bratislava Hauptpreise.
Dabei sind die Bedingungen für für ehrgeizige Filmemacher nicht immer optimal. Das fängt bei Kleinigkeiten an. So erlaubte die Stadt Darmstadt zum Beispiel keine Dreharbeiten an der Bessunger Kiesgrube – die Untere Naturschutzbehörde hatte Bedenken. In Hanau schließlich war man hilfsbereiter und so wurde dort gedreht.
Große Probleme hingegen bereitet jedes mal die Finanzierung eines neuen Projektes. Das sei in den letzten 20 Jahren immer schwieriger geworden, sagt Richter. Das Fernsehen gebe immer mehr Geld für Sport und Unterhaltung aus, die Dokumentarfilme hätten es schwer. Auch sei es viel schwieriger geworden, an staatliche Mittel heranzukommen. Früher habe man nach einem guten Film sofort einen Anschlussfilm drehen können. Heute sei das nicht mehr so. Hinzu komme, dass in den Mediatheken der Sender Filme oft lange kostenlos zu sehen seien. Geld für DVDs brauche dann niemand mehr auszugeben.
Trotzdem ist er immer noch begeistert von seinem Beruf. Ein großes Glück sei es gewesen, Martin Niemöller über anderthalb Jahre begleiten zu dürfen, seine Lebensgeschichte aus erster Hand kennen zu lernen und darüber einen Film machen zu dürfen.
Zum Schluss gab es noch ein besonderes Film- Schmankerl: Den Aufstieg der Lilien in die erste Liga. Nein, nicht den aktuellen, sondern den von 1978. Die Filmemacher brachten sogar Willy Brandt dazu, einen Kommentar über dieses sensationelle Ereignis beizusteuern. Vor strahlendem Publikum sagte er den prophetischen Satz: "Nichts ist so gut, als dass es nicht noch besser werden könnte." Ob Lilien-Trainer Schuster diesen Ausschnitt immer parat hat, ist nicht überliefert...
hb