Nach der kollegial-herzlichen Begrüßung des Referenten durch Heidrun Bleeck wollte sie gleich einige grammatikalische Seltsamkeiten von Denglisch (canceled, Back-Factory) gelöst wissen. Mit diesem (methodisch gelungenen) Kniff war das Publikum gleich aktiv in das Geschehen einbezogen.

Sprachwissenschaftler und Aka-Mitglied Peter Wagener stellte dann sein Quasi-Fazit des Vortrags an den Anfang seiner Ausführungen: Die Englisch-Anteile (Anglizismen), die sich zunehmend in unsere Sprache einnisten, sind nicht gravierend, sondern belegen den ganz normalen Sprachwandel, der sich zu allen Zeiten vollzieht und heute durch den Einzug der modernen Technologien etwas verstärkt in unser Alltagsleben hineinwirkt. Es sind Zeichen der Lebendigkeit und des vielfältigen internationalen Austauschs. Alles Neue muss einen Namen haben (Manager, Handy, Coach). Dieser wird schnell zur Selbstverständlichkeit, ohne dass im täglichen Gebrauch noch jemand auf die Herkunft der Wörter achtet.

Peter Wagener überraschte seine Zuhörer sodann mit der Tatsache, dass Deutsch die derzeit in Europa meistgesprochene Sprache ist, vor Spanisch und Englisch. Allerdings unterscheiden die Sprachwissenschaftler zwischen der Primärsprache, also der Erst- oder Muttersprache, und der Zweitsprache, die aus beruflichen, wissenschaftlichen oder privaten Gründen im Rahmen der Fort- oder Weiterbildung dazugelernt wird. In diesem Sinne nehmen die Deutschlerner in 47 Ländern, vor allem in Südeuropa (außer Portugal), China, Mexiko und Afrika zu und in 44 Ländern (z. B. Nordeuropa, Portugal und dem Baltikum) ab. Diese Trends wurden 2010 gemessen, verändern sich schnell und könnten sich inzwischen verschoben haben. Die genauen Ursachen für diese Bewegungen liegen offiziell im Ungewissen, aber man darf annehmen, dass das Ansehen bzw. die wechselnde Attraktivität gewisser Länder oder Regionen durch politische oder gesellschaftliche Ereignisse und die entsprechenden Medienberichte dafür verantwortlich sind. Dass Englisch nach den Auflösen der UdSSR 1989 in den osteuropäischen Ländern einen Schub bekam, ist nachvollziehbar. Andererseits haben ab dem Jahr 2006 die Deutschlerner plötzlich zugenommen, nachdem sich die Bundesrepublik weltweit anlässlich der FIFA-Fußballweltmeisterschaft als ein so beispielhafter, heiterer und toleranter Gastgeber erwiesen hat und die Deutschen sogar auf den Straßen gefeiert haben.

Erwähnenswert, dass Wagener zur Belebung seines Vortrags einige Male eine fiktive Brüsseler Korrespondentin auftreten ließ, die als Partnerin seiner Zeitreise durch den Vortrag die die Zukunft betreffenden Statements sprach. Lebhaft auch die abschließende Diskussion, in der Jugendsprache (die besonders schnell und modern sein will), die zukünftig möglichen Einflüsse des Türkischen und des Chinesischen sowie die Kriterien für die „Dudenreife“ angesprochen wurden.

wsw