Es lässt einen staunen, dass nach einer autoritären, martialischen Erziehung ein weltoffener, vorausdenkender Herrscher aus ihm wurde - die Rede ist von Friedrich II., König von Preußen (1712 - 1786). Nur sein Privatleben war nicht so glücklich.

In Wort, Bild, Text und Ton (Filmausschnitte) entführte uns Wolfram Tischendorf ins königliche Deutschland des 18. Jahrhunderts.

Ein Thronprinz (Friedrich) wird von seinem Vater Friedrich Wilhelm I. nach strengen Regeln erzogen; die ausgesuchten Unterrichtsfächer richten sich nach des Vaters militärischen Vorlieben: Geschichte, Ballistik, Mathematik, Wirtschaftswesen. Die Vorlieben des Jungen für Literatur und Musik müssen heimlich durch seinen Freund Hans Hermann gefördert werden. Ein Ausreißversuch nach England scheitert, der mitgereiste Freund wird auf Befehl des Vaters vor des Sohnes Augen hingerichtet; er selbst erhält Festungshaft. Eine wahrlich barbarische Erziehung.

Mit der Heirat und räumlicher Trennung wird die Vater-Sohn-Beziehung besser; die Ehe mit Prinzessin Elisabeth Christine ist aber nur von Respekt, nicht von Liebe geprägt. Friedrich kann sich nun in Freundeskreisen seiner Liebhaberei (Musik und Literatur) hingeben. Die Ehe bleibt kinderlos, vermutlich auch wegen homosexueller Neigungen des Ehemanns.

Nach dem Tod des Vaters (1740) und der Übernahme der Regentschaft beginnt mit König Friedrich II., eine neue Ära: Folter und Zensur unpolitischer Themen werden sofort abgeschafft, ebenso die Leibeigenschaft auf staatlichen Domänen. Die strenge Einteilung des Tagesablauf behält er bei: jeder Tag enthält eine Bürger-Sprechstunde, den Militärrapport, Zeit für Flötenspiel, Brieflektüre und -beantwortung. Nebenbei hat er allerdings gern und geradezu unmäßig gegessen.

Seine weiteren positiven Verdienste fasste Tischendorf wie folgt zusammen:

  • Er brachte die defizitären Staatsfinanzen seiner Vorgänger wieder ins Lot
  • Die Einwohnerzahl wuchs enorm: während seiner Regierungszeit von 2,2 auf 5,4 Millionen
  • Friedrich II. war ein Mann von Geist, Wesen und Charakter
  • Er führte weder Kolonial- noch Habgierkriege; die geführten Kriege wurden ihm aufgezwungen
  • Pflicht und Kampf fürs Vaterland, das war sein Lebensmotto (er bezeichnete sich als „erster Diener im Staat…“)
  • Das Ansammeln eines Privatvermögens hat er generell abgelehnt
  • Offenheit für Neues und Bürgernähe waren ihm wichtig
  • In der Rechtspflege hat er u.a. den Grundsatz „Gleiches Recht für alle“ eingeführt
  • Er schuf das prächtige Schloss Sanssouci (übersetzt: Haus „ohne Sorgen“)

Seine Schwächen blieben im Vortrag nicht unerwähnt:

  • Die Bürger wurden mit hohen Steuern belastet
  • Den Bauernstand hat er nicht geliebt; die Soldaten wurden bevorzugt
  • Falschgelddruck zur Bezahlung von Kriegskosten brachte fast den Staatsruin

Mit dem Alter und nach Misserfolgen im Krieg wird der weltoffene Herrscher verbitterter und zynischer; zum Schluss lebt er nur noch zurückgezogen in seinem Schloss. Er stirbt 1786 - im Sessel. Sein Wunsch, auf der Terrasse von Schloss Sanssouci beerdigt zu werden, erfüllt ihm sein Nachfolger nicht; dies wird erst in neuerer Zeit (1991) nachgeholt.

Der alte Fritz und Friedrich der Große - zwei Bezeichnungen, die ihn in aller Kürze charakterisieren: bürgernaher Kumpel und echter Staatsmann zugleich.

Klaus-Peter Reis