Frei nach dem alten Lied: „ In Darmstadt sind die Räuber“

sr 096 Jeanne Devos Samuel Koch Jannik Nowak c Jan Motyka 170Der sehr junge Schauspiel-Dramaturg Christoph Bornmüller(32) erläuterte den interessierten, jedoch etwas angespannt neugierigen Aka-Teilnehmern die Konzeption, die zur Darmstädter Aufführung des Schillerschen Dramas „Die Räuber“ geführt hatte.

 

Man kann davon ausgehen, dass jeder weiß, welche Not der greise Vater mit seinen zwei Söhnen hat: Der eine ist gut, der andere böse, handeln letztendlich aber durch Intrigen, Missgunst, Neid und anderen miesen Eigenschaften beide schlecht!

Es sind in diesem Stück hier nicht vorrangig die Landleute, die Karls Räuberbande und dem widerwärtigen Franz zum Opfer fallen, sondern die Familienmitglieder selbst.

Ich sah und hörte nach dem Motto: „So kann man das auch mal machen:…Franz dem Vater gegenüber frech auf dessen Bitte: „Nö!“ , Amalia glasklar in der Abneigung gegen den Bruder ihres Geliebten Karl: „Hau ab, ich kann deine Fresse nicht mehr sehen!“ usw.

Schiller war damals auch nicht zimperlich mit seinen Ausdrücken, aber nach etwa einem Drittel der Aufführung fanden wahrscheinlich nur noch die vielen anwesenden Schüler, (die sich tadellos verhielten!) das Schreien, Stürzen, Jagen, Morden so richtig amüsant.

Zum Stirnrunzeln, zum Lachen, zum Kopfschütteln geriet diese Moritat, je nachdem, mit welchen Erwartungen, welcher Vorbereitung und welcher Bereitschaft, auf das ungewöhnlich inszenierte Stück einzugehen und sich dem turbulenten Geschehen auszusetzen, die Zuschauer willens waren.

Christoph Bornmüller erklärte im Voraus engagiert , warum nur sieben Personen spielen, warum der Vater dreimal stirbt, warum dieser ein Tüllröckchen trägt, wenn er aus der Pappschachtel kriecht, warum der Schillersche Text durchsetzt ist von Passagen aus modernen Stücken usw.

Bei aller Aufgeschlossenheit für neue Formen und „zeitgemäße“ Interpretationen, (was ist das eigentlich?), hatte ich nach dem Ende der Vorstellung den Wunsch wie meine junge Gesprächspartnerin in der Pause von „Romeo und Julia“: Jetzt möchte ich das gerne mal richtig sehen – vielleicht nicht sieben Stunden lang, aber doch so ähnlich, wie Schiller das Stück vor 224 Jahren konzipiert hatte. Denn ein Theaterbesuch heißt doch nicht nur, die Faxen der jungen Generation zu bewundern, zu verstehen versuchen, vielleicht auch wirklich zu verstehen, sondern auch die Sprache und Aussage des Autors dieses Stückes genießen zu können. Oder?

Mika Dietrich / Foto: Copyrights © Jan Motyka