ricarda huchProfessor Dr. Hartmut Scheible, emeritierter Germanistikprofessor an der Goethe- Universität in Frankfurt, hat sich immer wieder literarisch mit Persönlichkeiten auseinandergesetzt, deren Schaffen eine politische Relevanz hatte: Adorno, Walter Benjamin, Josef Roth, Arthur Schnitzler, auch Giacomo Casanova (der sich um eine diplomatische Karriere bemühte) und . . . eben Ricarda Huch.

Durch ihre Zuordnung als wichtigste Vertreterin des literarischen Jugendstils war schon eine Beziehung zu Darmstadt gegeben, was bei der Einrichtung des Ricarda Huch-Preises durch die Stadt Darmstadt auch eine Rolle gespielt hat.

Peter Benz, Oberbürgermeister und Kulturdezernent von 1993 bis 2005, berichtet innerhalb des Aka-Vortrags am 13. März von der spannungsreichen Vorgeschichte bei der Einrichtung dieses Literaturpreises durch die Stadt. Der ebenfalls anwesende aktuelle Kulturdezernent der Wissenschaftsstadt, Prof. Dr. Ludger Hünnekens, bestätigte, dass die Preisverleihungen im Dreijahresrhythmus für die nächsten zehn Jahre sichergestellt sind.

Das Leben der in Braunschweig geborenen Schriftstellerin, Dichterin, Philosophin und Historikerin Ricarda Huch (1864-1947) vollzog sich an den Wirkungsstätten in Zürich, Triest, München, Berlin und Jena, was bereits ihre Mobilität und Vielseitigkeit andeuten mag. Es ist hier nicht der Raum, den spurenreichen Weg von der jungen, zunächst unbezahlten Hilfskraft in der Braunschweiger Stadtbibliothek bis zur Ehrenpräsidentin des ersten deutschen Schriftstellerkongresses nach dem Krieg in Berlin und der Ehrendoktorwürde der Jenaer Friedrich-Schiller-Universität 1946 genau nachzuzeichnen.

Hervorzuheben sind die zahlreichen Arbeiten über unterschiedliche Epochen der deutschen, italienischen und russischen Geschichte, die öffentlichkeitswirksamen literarischen Denkmale, die sie den Frauen und Männern des Widerstands gesetzt hat. Die durchgehende Entschiedenheit, nicht mit den nationalsozialistischen Kräften zu kooperieren haben nach dem Zweiten Weltkrieg zur starken Beachtung und Anerkennung geführt, zumal Goebbels und Hitler ihr zu ihren 80. Geburtstags persönliche Glückwünsche geschickt haben und um ihre Mitarbeit warben. Ricarda Huch hat sich auch durch religionsphilosophische Abhandlungen profiliert, die als offene Kritik am Nationalsozialismus zu verstehen sind.

Eine Biographie über Michail Bakunin und eine vielfältige publizistische Beteiligung an den Reformbewegungen der Weimarer Republik stehen neben Gedichten und Romanen. Mit ihrer historischen Prosa beeinflusste sie die Schriftsteller Günther Weisenborn und Golo Mann.

Ricarda Huch verstarb im Gästehaus der Stadt Frankfurt und fand im dortigen Hauptfriedhof in einem Ehrengrab eine würdige letzte Ruhestätte.

Walter Schwebel