Der passionierte Nordhesse Kurt Höhl ist kaum zu stoppen, wenn er seine nordhessische Heimat in Erzählungen lebendig werden lässt. Die Aka-Reisegruppe genoss dabei die Fahrt durch das nordhessische Bergland auf kleinen Sträßchen, vorbei an leuchtenden Rapsfeldern und grünen Wiesen. Da störte es nicht, wenn der Bus mal an einer zu niedrigen Brücke scheiterte und umkehren musste. Kurt Höhl hatte alles bestens vorbereitet und nach knapp drei Stunden erreichten wir die Stadtmauern der Dom- und Kaiserstadt Fritzlar.

Nun ging es zu Fuß weiter. Am Grauen Tor begann die Stadtführung in zwei Gruppen mit Heike Dittrich-Beckmann und Horst Schattner. Zunächst erfuhren wir etwas über das mittelalterliche Wartensystem. Jeder Bürger mit Grund und Boden musste auf der Stadtmauer Wart halten. Mittelalterlichen Strafen begegneten wir im tiefen stockdunklen Verlies und am Henkershaus.

Erfreulicher dann Hochzeitshaus und Hochzeitsordnung in der gut erhaltenen Altstadt, mit ihrem uraltem Kopfsteinpflaster, mittelalterlichen Gassen, prachtvollen Patrizierhäusern und wunderschönen Fachwerkbauten. Das "Spitzenhäuschen", das an das Rathaus angrenzende älteste Fachwerkgebäude der Stadt wurde mit dem hessischen „Denkmalschutzpreis“ 2001 ausgezeichnet.
Die Entstehung der Stadt geht auf eine Kirchen- und Klostergründung durch Bonifatius zurück. Bonifatius wollte mit der Fällung der dem Gott Donar geweihten Eiche, die als eines der wichtigsten germanischen Heiligtümer galt, den Chatten* die Überlegenheit des christlichen Gottes demonstrieren. Aus dem Holz des Baumes ließ Bonifatius eine dem Heiligen Petrus geweihte Kirche bauen und gründete ein Kloster. Die Siedlung Fritzlar entwickelte sich im 8. Jahrhundert. Der Name Fritzlar ist abgeleitet von der ursprünglichen Bezeichnung Friedeslar, „Ort des Friedens“.

Auch das mittelalterliche Deutsche Reich (mit der Wahl von Heinrich I. zum König der Deutschen auf dem Reichstag von 919) hat hier ihren Anfang genommen. Heinrich war damit der erste Sachse, der den fränkischen Nachfahren und Nachfolgern Karls des Großen auf den Thron folgte.

Fritzlar war bis zum Ausgang des 11. Jahrhunderts Ort bedeutsamer Reichstage, Versammlungen, Synoden und Königs- und Kaiserbesuche. Auf Grund seiner Lage war die Stadt immer wieder Anlass, Ausgangspunkt oder Ort kriegerischer Auseinandersetzungen – zwischen Sachsen und Franken, zwischen geistlichen und weltlichen Herren und zwischen katholischen und protestantischen Fürsten. Fritzlar wurde häufig belagert, mehrfach erobert und völlig zerstört, aber immer wieder neu aufgebaut. In den Jahren von 1066 bis 1079 ging Fritzlar schrittweise durch Schenkungen aus königlichem Besitz in das Eigentum der Mainzer Erzbischöfe über. Das Verhältnis zu Mainz war nicht immer das Beste, endete aber erst mit dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803. An diese jahrhundertelange Zugehörigkeit erinnert das Stadtwappen, das (doppelte) rote Mainzer Rad silbernem Grund. Nach dem Augsburger Religionsfrieden blieb Fritzlar mainzisch und katholisch, während das Umland protestantisch wurde. Wirtschaftlich brachte es der Stadt durchaus gewisse Vorteile zu Mainz zu gehören. So siedelten die Mainzer Erzbischöfe freie Kaufleute an, die Stadt wurde die erste Münzprägestätte in Hessen und wichtiger Handelsplatz für Tuche, Pelze und Gewürze. Die erste Stadtmauer wurde in den Jahren 1184–1196 erbaut.

Der Fritzlarer Dom zählt zu den historisch und architekturgeschichtlich bedeutendsten Baudenkmälern in Nordhessen. Über die Jahrhunderte erlebte er eine Vielzahl weiterer Baumaßnahmen. Heute ist der Dom St.Peter mit vorwiegend romanischer Bausubstanz eine beeindruckende vierschiffige Basilika mit großer Krypta und einem bedeutenden Domschatz (Heinrichskreuz). Den Dom und seine kunsthistorischen Schätze bekamen wir von Rosie Hetzler-Roggatz und Alfred Matthäi gezeigt.

Sehr zufrieden konnte die Gruppe der Aussage des Kursleiters „Nordhessen ist immer wieder eine Reise wert.“ vorbehaltlos zustimmen. Es gelingt Kurt Höhl einfach, die Menschen für die Schönheiten Nordhessens zu begeistern. 

* Chatten: Angehöriger eines westgermanischen Volksstammes - Anm. d. Red.

Text: Sigrid Geisen, Fotos: Kurt Höhl