Der Referent, Ferdinand Georgen, war lange Jahre als Richter am Verwaltungsgericht Wiesbaden tätig und hatte in vielen Asylverfahren zu entscheiden. Seit seiner Pensionierung engagiert er sich aktiv für politisch Verfolgte, die in Deutschland Asyl beantragen, zusammen mit Pro Asyl und FAFF (Forum Abschiebungsbeobachtung Flughafen Frankfurt).
Wir erhielten ausführliche Erläuterungen zu den rechtlichen Grundlagen. Das Asylrecht basiert auf Art 16a unseres Grundgesetzes. Der erste Satz lautet: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“. Dies bezieht sich aber nicht auf Personen, die aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft oder einem sicheren Drittstaat einreisen. Sichere Herkunftsländer werden durch Gesetz unter Zustimmung des Bundesrates bestimmt. Weitere Verwaltungsgesetze wie das Asylverfahrensgesetz spezifizieren die „Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft“, d.h. den Flüchtlingsschutz gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention und den „subsidiären Schutz“ gegenüber einer Abschiebung, falls dem Flüchtling im Herkunftsland ernsthafter Schaden droht. Das Aufenthaltsgesetz regelt die Abschiebung bei Nicht-Anerkennung. Entscheidungsbehörde in Asylverfahren ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit Sitz in Nürnberg und Außenstellen in allen Bundesländern. Das BAMF gehört zum Bundesministerium des Inneren.
In seiner Berufspraxis legte Herr Georgen viel Wert auf detaillierte Informationen über die politische Lage der Herkunftsländer, um die Situation der Flüchtlinge unter Berücksichtigung nationaler Besonderheiten korrekt einschätzen zu können. Hierzu besuchte er viele betroffene Länder (u.a. als Wahlbeobachter) und pflegte Kontakte zu nationalen Behörden und internationalen Organisationen wie dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen und Amnesty International. Ebenso wichtig schätzt er es ein, dass die Anwälte, welche die Flüchtlinge vertreten, sich intensiv informieren und engagiert einsetzen.
Die Anzahl der Flüchtlinge nach Deutschland und damit die Anträge auf Asyl schwanken im Verlauf der Jahre stark und stellen ein dauerhaftes Problem dar. Derzeit kommen die meisten Flüchtlinge aus Syrien, gefolgt von Irak und Afghanistan. Fast die Hälfte aller Erstanträge auf Asyl entfallen auf diese drei Staatsangehörigkeiten. Die Gesamtschutzquote (Rechtsstellung als Flüchtling, subsidiärer Schutz, Abschiebungsverbot) liegt für alle Staatsangehörigkeiten zusammen derzeit bei 40%. Herr Georgen betont aber, dass er keinen massenhaften Asylmissbrauch erkennt und ist überzeugt, dass die derzeitige Flüchtlingssituation zu bewältigen ist. Voraussetzung ist eine enge Zusammenarbeit in den Ländern der Europäischen Gemeinschaft.
Text: Christiane Schuchard-Ficher