Pfarrer Hans Dieter Zepf stellt zu Beginn des Vortrags die Frage, wie gewagt es denn für einen Theologen sei, über dieses Thema zu sprechen. Mit der Bemerkung, unser heutiges Weltbild sei naturwissenschaftlich geprägt und dem Hinweis auf den Prozess der Aufklärung spitzte er das scheinbare Problem noch etwas zu, bevor er brauchbare Definitionen nachschob: Vernunft gründet sich nicht nur auf unseren Verstand, sondern auch auf Wertvorstellungen, die wir aus einer tieferen Schicht unseres Seins beziehen.
Erst das Transzendente (nach Hans-Peter Dürr) verhilft dem Menschen zu den über seine wissenschaftliche Erkenntnis hinausgehenden Einsichten bzw. Formen des persönlichen Glaubens. Der Vortrag verlangt das Nachdenken mit dem Komplex „Woher kommen wir, wohin gehen wir? Und was ist der Sinn des Lebens?“
Anhand langer Zitate aus der Schöpfungsgeschichte (erstes Buch Mose) macht Pfarrer Zepf deutlich, was man unter dem ‚naiven Glauben’ versteht. Wer diesen Blick auf die Bibel beibehält, versperrt sich selbst die Weltsicht, dass es über der real sichtbaren Welt etwas Größeres und Höheres geben muss. Die Heilige Schrift erklärt keine Naturphänomene, befand schon der frühchristliche Theologe und Philosoph Augustinus (354-430). Bis in unsere Zeit versucht nur eine Minderheit der Kreationisten die Entstehung der Welt mit den vorchristlichen Bibelaussagen in Einklang zu bringen.
Tragisch verlaufen die Geschichten zweier Wissenschaftler, deren revolutionsartige (Neu-) Erkenntnisse gegen die vorherrschenden Kirchendogmen verstießen: Galileo Galilei wurde 1632 zum Tode verurteilt, weil er dem geozentrischen Weltbild (die Erde stehe im Zentrum des Universums) widersprach. Nicht ganz so hart traf es Charles Darwin der mit seiner Evolutionstheorie heftige Kritik erntete, indem er den 7-Tage-Schöpfungsprozess Gottes entzauberte und die Evolutionstheorie verbreitete. Allerdings hat Darwin die Existenz Gottes nicht bezweifelt und damit eine modernere Denkweise angestoßen, die weitere Schritte der Aufklärung befördert.
Glaube an Gott ist ein unabhängiger Akt vernünftigen Vertrauens, das die jeweiligen naturwissenschaftlichen Entdeckungen toleriert. Gottesglaube geschieht auf einer anderen Ebene; er ist nicht zwangsläufig an die Bibel, die Tradition oder an die Kirche gebunden, so Pfarrer Zepf.
Zur weiteren Beschäftigung mit diesem Thema empfahl Pfarrer Zepf abschließend die Lektüre bekannter Autoren wie Hans Küng, Rudolf Bultmann, Dietrich Bonhoeffer und Volker Gerhard, deren Bedeutung er kurz umriss.
Zwei seiner dabei gebrauchten „Merksätze“ lauten: „Beten ist nachdenken vor Gott“ und „Gott ist als Person nicht vorstellbar“.
Walter Schwebel