Aka-Tagesausflug zum Kloster Eberbach und zu einer Kunstausstellung in Ingelheim
Ingelheim und das Kloster Eberbach sind nur sieben Kilometer Luftlinie voneinander entfernt. Aber der Busfahrer musste über 30 Kilometer Strecke zurücklegen und den Rhein überqueren, um die Tagesausflügler der Akademie 55plus von dem einen Besichtigungsort zum anderen zu bringen.
In seiner Blütezeit – 100 Jahre nach der Gründung im Jahr 1136 – lebten im Kloster Eberbach etwa 100 bis 150 Mönche und 300 bis 400 Laienbrüder.
Letztere waren die ungebildeten „Mönche zweiter Klasse“. Sie brauchten zwar nur zweimal am Tag zu beten – im Gegensatz zu den gebildeten Mönchen, für die sieben Gebete vorgeschrieben waren –, mussten dafür aber auch Schwerstarbeit auf Feldern und in den Weinbergen leisten.
Heute gehört das ehemalige Zisterzienser-Kloster, das eines der mächtigsten Europas war, dem Land Hessen. Seit 1986 werden viele Millionen für die Renovierung ausgegeben, bis 2024 werden es rund 129 Millionen Euro sein. Helmut Linke, Fachbereichsleiter für Kunst bei der Akademie 55plus, führte die Aka-Gruppe über das weitläufige Gelände und den Abtsgarten. „Beim Bau wurde nicht gekleckert, sondern geklotzt“, sagte er mit Blick auf die dicken Mauern. Die Klosterbrüder konnten sich einiges leisten, verfügten sie doch über 300 Hektar Wald und Weinberge, hatten Zollprivilegien und waren die größten Weinhändler in Mitteleuropa.
Bei Führungen durch das Kloster erfuhren die Aka-Mitglieder mehr vom Leben der Mönche, die sich streng an die Vorschrift „ora et labora“, bete und arbeite, halten sollten, bald aber Mittel und Wege fanden, sich das Leben angenehmer zu machen. In seiner Blütezeit hielt das Kloster bis zu 2000 Schafe. Nicht etwa wegen des Fleisches – die Klosterbrüder mussten sich fleischarm ernähren -, sondern um aus der Haut Pergament für Bücher herzustellen. Das Fleisch wurde immerhin an Arme und Kranke abgegeben.
Nach der Säkularisierung im Jahr 1803 diente das Kloster als Heilanstalt. Die Altäre waren zerstört, mit den Grabplatten wurden Wege befestigt. In den letzten Jahren versetzten die Restauratoren die Gebäude weitgehend in den schlichten, schnörkellosen Urzustand zurück.
Für die Mittagspause hatte Helmut Linke ein besonderes Ausflugslokal ausgesucht: das Bergrestaurant Waldeck am Bismarckturm bei Ingelheim. Es zeichnet sich nicht nur durch einen phantastischen Blick auf das Rheinland aus, sondern auch durch einen Tiger-Garten, in dem tatsächlich bengalische Tiger gehalten werden.
Im umgebauten Alten Rathaus von Ingelheim wurden die Aka-Mitglieder durch die Kunstausstellung “Mensch! Skulptur“ geführt, die der größte Arbeitgeber Ingelheims, der Chemiekonzern Boehringer, im Rahmen der 1959 gegründeten Internationalen Tage Ingelheim ermöglicht. Gezeigt werden rund 60 Skulpturen der klassischen Moderne (1900 bis 1960), darunter Werke von Auguste Rodin, Aristide Maillol und Alberto Giacometti. Eine Seltenheit sind Skulpturen jener Künstler, die eigentlich als Maler berühmt wurden: Max Beckmann, Pablo Picasso und Edgar Degas. Nach Degas` Tod waren in seinem Atelier 150 Wachsfigürchen entdeckt worden, Tänzerinnen in verschiedenen Ballett-Posen, die ihm ein Skizzenbuch ersetzten. Davon wurden Bronzefiguren angefertigt, die sich im Raum zu bewegen scheinen.
Die Ausstellung ist noch bis zum 21. Oktober geöffnet.
Text und Fotos: Petra Neumann-Prystaj