Führung durch die Ausstellung POSITIONEN 2018
Wir leben heute mitten in einer Medienrevolution durch die Digitalisierung. Die Auswirkungen spüren wir in vielen Bereichen: Tempo, Überwachung, KI, Unmenschlichkeit. Um diesen Prozess in Darmstadt, den Bürgern der Digitalstadt noch stärker ins Bewusstsein zu rücken, wurden Darmstädter Künstlerinnen und Künstler gebeten, ihre diesbezüglichen Wahrnehmungen und Gedanken zu bearbeiten.
Bis zum 23. September sind nun die - teilweise erstaunlichen - Ergebnisse im Atelierhaus (Riedeselstraße 15) und im Designhaus Darmstadt (Eugen-Bracht-Weg 6, Mathildenhöhe) zu besichtigen. Termine und Details siehe www.positionen2018.de
Die Ausstellung präsentiert künstlerische Sichtweisen aus der Malerei, Skulpturen, Video, Objekte und Installationen, die Beispiele der Auseinandersetzung von Mensch und Gesellschaft mit der Digitalisierung zeigen. Nur einige Objekte der vielgestaltigen Arbeiten können hier beschrieben werden: Die Künstlerin Barbara Fuchs-Schneeweiss macht durch akustische Signale erfahrbar, wie anhand des sich verändernden Herzschlag-Tempos das Digitale alles Private durchdringt. Frank Schylla regt an, die gängigen Worthülsen „Humanität“, „Toleranz“ und „Brüderlichkeit“, die am Boden liegen (!), mit den gegenteiligen Begriffen zu konfrontieren; Elke Emmy Laubner verfremdet die Rheinstraße und einen populären Woog-Ausschnitt mit digitalen Strukturen; Erika Heine setzt die traditionelle Bedeutung des besiegelnden Händedrucks eindrucksvoll in Zweifel, während der Bildhauer Paul Hirsch seine Besucher mittels verschlungener Buchstaben aus Holz vor kleine Rätsel stellt. Jürgen Wolff hat unser Alphabet in ein Gedicht in einer futuristischen Geheimsprache übersetzt und grafisch utopisch ausgestaltet. Die in Darmstadt gut bekannte Margot Middelhauve stellt mithilfe einer dreidimensionalen Blackbox die Befürchtung dar, der (sargähnliche) dicke Klotz Digitalisierung könnte die ganze Stadt erdrücken.
Besonders anregend war für unsere Besuchergruppe, mit drei anwesenden Künstlern über ihre Werke zu sprechen. Juliana Jäger, die unsere Führung sehr lebendig gestaltete, vergleicht ihre anschaulich platzierte kreisförmige Wand mit allerlei Schlüsseln, den Passwörtern in der Computerwelt, ohne die der Zugang versperrt bleibt. Volkmar Hoppe berichtete aus seiner Werkstatt, wo und wie er das wuchernde, mit Gold überzogene Edelstahlgeflecht „Laokoon“ als Symbol der Digitalisierung - die totale Vernetzung - geschaffen hat. Sehr eindrucksvoll zeigt Peter Debusi, wie er sich den Ausstieg aus dem unerträglich gewordenen digitalen Leben vorstellt: Durch den „Digitalen Suizid“, den er durch sein eigenes Friedhofskreuz auf dem Grab im Garten des Designhauses zur Diskussion darstellt.
Walter Schwebel