Zur Vorstellung seines Gastes wählte Moderator Dr. Peter Wagener die 10- Jahres-Stufen-Abfrage und erreichte so eine lockere, kurzweilige Schilderung der Biografie des 1956 Geborenen: Noch mit Bart und langen Haaren das Studium der Soziologie und Psychologie an der TH, mittlerweile TU Darmstadt. Dipl. Psych.-Abschluss, Zivildienst und erste Stelle bei der Psychiatrie Riedstadt. Inzwischen hatte sich die Neigung, beruflich therapeutisch mit Menschen arbeiten zu wollen, bestätigt.
Und zwar nicht allein; Gunia knüpfte ein Netz von Kollegen, die sich ebenfalls mit Borderline- und Psychosepatienten sowie mit depressiven und behinderten Menschen beschäftigten.
Der kollegiale Austausch - auch mit Ärzten - erhöhte die Effizienz der Arbeit und das eigene Wissen. Berufsbegleitende Zusatzausbildungen erweiterten stets den Horizont und formten den stadtbekannten Psychotherapeuten der den Raum Darmstadt nie verlassen hat.
Gunia will sich nicht festlegen lassen, ob die Zahl der psychisch Kranken heute höher ist als früher. Die nützliche Arbeit vieler Selbsthilfegruppen und die wachsende Zahl der Pharmaprodukte erlaube kein klares Bild. Jedenfalls gibt es heute eine hohe Zahl von Therapiebedürftigen und lange Wartezeiten. Bei der Frage nach den Behandlungsarten skizziert der Gesprächsgast zwei wesentlich unterscheidbare Stränge: Die Tiefenpsychologie, ursprünglich nach Sigmund Freud, behandelt angeborene oder traumatische Ursachen in der frühen Kindheit. Parallel dazu besteht die Verhaltenstheorie, die von Umwelteinflüssen als Ursache der Störung ausgeht und die Heilung über (Ver-) Lernen anstrebt. Gunia spricht sich gegen jede Mischform der beiden Methoden aus.
In der modernen Gesellschaft herrscht viel Stress. Folglich finden zu wenig Menschen, nicht zu einem gesunden Lebensstil mit hinreichendem Ausgleich, so die Erkenntnis. Fehlende Anerkennung und seltene Erfolgserlebnisse sind persönliche Störungsursachen. Eigentherapie durch Bewegung ist sehr verbreitet. Die Scham, eine Behandlung beim Psychotherapeuten nötig zu haben, ist im Laufe der letzten Jahrzehnte geringer geworden.
Eine inhaltliche Überraschung bot der Schlussteil des Gesprächs. Beide Akteure sind Anhänger des „Tango danza“ und erörterten dessen heilsame Wirkungen aus psychologischer Sicht. Therapeutisches Fazit: Der Tanz erlaubt, sich als Paar zu fühlen.
Text: Walter Schwebel Foto: Hans Gunia