Wortkünstler und Science Slam-Erfinder
Zunächst verblüffte der Gast mit seiner Vielseitigkeit als Lehrer, Dichter, Veranstalter, Verständlichkeitsforscher und Erfinder. Schritt für Schritt bewegte die Moderatorin Petra Neumann-Prystaj das Gespräch dem Thema des Abends zu: dem Science Slam als moderne Vortragsform.
Der in den USA 1986 entwickelten Poetry Slam (kurzweiliger Vortrag meist poetischer ggf. auch gereimter eigener Texte) ist der Vorläufer des mittlerweile weltweit im Aufstieg befindlichen Science Slam.
Dessen Merkmale sind die Betonung spielerischer und unterhaltsamer Elemente anstelle der Langatmigkeit und akademischen Strenge bei wissenschaftlichen Texten. Im Rahmen einer bekannten Untersuchung wurden die wissenschaftlichen Kurzvorträge von Studenten, wissenschaftlichen Mitarbeitern, Laien und Professoren auf Verständlichkeit getestet. Wen wundert’s, dass die Professoren glaubten, an ihrem schwer verständlichen Stil festhalten zu müssen. Sie stützten sich (etwas hochmütig) „auf die Notwendigkeit ihrer interdisziplinären Kommunikation“ und meinten, die Öffentlichkeit weiter vernachlässigen zu dürfen. Diesem arrogant-elitären Standpunkt systematisch entgegen zu treten, ist die zentrale Aufgabe des Verständlichkeitsforschers. Bei den gelockerten 10 Minuten-Vorträgen des Science Slam können Power Point, szenisches Spiel, Musik oder Verkleidung der Akteure zum Einsatz kommen.
Die Wettbewerbe/Tuniere der beiden Slam-Arten sind als ‚Dichterschlachten’ bekannt geworden; wobei das Publikum als Jury beteiligt ist. Die Veranstaltungen sind wegen ihres spritzigen Niveaus in der Regel wochenlang im Voraus ausgebucht. In der Centralstation Darmstadt steigt der nächste Event am Samstag, 23. Februar; Dreppec wird als Moderator dort auftreten. Mittlerweile gibt es neben deutschen und europäischen Meisterschaften auch eine lebhafte Szene in einigen Großstädten.
Alec Dreppec, ist übrigens der Sohn des Darmstädter Dichters Fritz Deppert. Er gilt als Erfinder des Science Slam (2006). Nach dem Studium der Psychologie brachte ihn seine Doktorarbeit auf die Spur zum Verständlichkeitsforscher. Neben vielseitigen schriftstellerischen Arbeiten erlebte er bei sich selbst die stufenweise Entwicklung des neuen Phänomens. Die Zusammenarbeit mit der Erfolgsautorin und Slammerin Giulia Enders („Darm mit Charme“), die über die zum Thema passende Komik verfügt, gab wichtige Impulse. Dreppec schilderte die Startschwierigkeiten, Slam-Kreationen in Darmstadt zu etablieren, bis sich 2006 der Erfolg schlagartig einstellte. Als junger Mann veränderte Dreppec seinen Namen und verfasste zunächst Punktexte. Er fand dann großen Spaß an grotesken Versen und Kurz-Gedichten mit geist- und humorvollen Wort- und Silbenverdrehungen. Für diese Dichtung, von der er einige Kostproben vortrug, wurde er 2004 mit dem Wilhelm-Busch-Preis ausgezeichnet.
„Schwalter Webel“ (etwas inspiriert) / Foto: Gerald Block